Ist digital = besser?

Während ich gerade an den nächsten Artikeln schreibe, kommt mir folgende Frage in den Sinn: Ist ein digitales Angebot schon deshalb besser, weil es digital ist? Ist e-Mail scho deswegen besser als der klassische Briefversand in Papierform, weil das Medium digital ist? Ist eine Video-Konferenz schon deshalb besser als ein persönliches Treffen, weil das Medium digital ist?

Immer wenn ein digitales Angebot sich als Ersatz für ein analoges Angebot positioniert, sind wir geneigt, ihm einen „Bonus“ zu geben. Wer „hip“ sein will, der macht alles digital. Analog ist „old school“.

Eine Video-Konferenz kann zwar bestimmte Arten von persönlichen Treffen zwischen Menschen ersetzen, z.B. wenn es im Schwerpunkt „nur“ um die Vermittlung und das Teilen von Informationen, Status-Updates etc. geht. Aber die Anwendungsbereiche bleiben unabhängig von einander. Nicht entweder-oder, sondern sowohl-als auch. Je nach Gesprächszweck, beabsichtigter Wirkung und Einsatzgebiet.

Eine e-Mail ist kein Ersatz für einen Brief auf Papier. Es ist wichtig, diese Unterschiede zu verstehen. Ein persönlicher Brief, vielleicht sogar von Hand geschrieben, gibt dem, was Sie ausdrücken wollen, ein anderes Gewicht. Er erzielt beim Adressaten eine viel stärkere Wirkung und zeigt ein ganz anderes Level von Wertschätzung als eine e-Mail. Ein Brief hat Bedeutung. Eine e-Mail auch, aber eine andere. Auch hier: nicht entweder-oder, sondern sowohl-als auch.

Jedes digitale Produkt, das neu auf den Markt kommt, wird also nur dann für begeisterte Anwender sorgen, wenn es nicht nur genau so gut funktioniert wie sein analoges Pendant, sondern wenn es besser ist. Und besser kann es nur sein, wenn es uns überrascht, neue Möglichkeiten anbietet, über die ich noch nie nachgedacht habe. Erfolgreich ist, was nicht kopiert, sondern anders ist.

Das gilt übrigens auch für uns Menschen.

Schönes Wochenende!

Sind Sie schon IKIGAI?

Warum stehen wir morgens auf und verlassen unser Bett? Sich diese Frage an einem Montagmorgen zu stellen, kann einen dazu verleiten, sich direkt wieder hinzulegen. Wenn es Ihnen genauso geht, könnte das japanische Konzept des IKIGAI Ihnen vielleicht helfen.

Japan verfügt heute über den größten Anteil hochaltriger Menschen an der Gesamtbevölkerung weltweit. Nirgendwo sonst werden die Menschen so alt wie in Japan. Es wäre also möglich, dass die Japaner einen Weg gefunden haben, um länger und besser zu leben.

Für das Wort IKIGAI gibt es keine direkte Übersetzung. Man nimmt an, dass die beiden Worte „IKIRU“ für „Leben“ und „KAI“ in der Bedeutung von „die Umsetzung dessen, worauf eine Person hofft“ zu dem Wort „IKIGAI“ kombiniert worden sind. Sie bilden die Bestandteile eines Konzeptes, das sich mit der Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens beschäftigt.

IKIGAI verweist auch auf historische Bezüge: „GAI“ leitet sich aus dem Wort „KAI“ ab und bedeutet „Schale“ oder „Muschel“. Insbesondere während der Heian-Periode in der Zeit zwischen 794 und 1185 n. Chr. besaßen bestimmte Schalen einen besonders hohen Wert, wie Akihiro Hasegawa, klinischer Psychologe und Professer an der Toyo Eiwa Universität, erläutert hat. Das Symbol der Schale gab einen Hinweis auf die Bedeutung des eigenen Lebens und wies darauf hin, sorgsam darauf zu achten, womit wir die Schale unseres eigenen Lebens füllen.

Um der Antwort auf die Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens etwas näher zu kommen, empfehle ich, mit vier einfachen Fragen zu beginnen:
1. Was lieben Sie besonders?
2. Worin sind Sie besonders gut?
3. Was braucht die Welt von Ihnen am meisten?
4. Wofür werden Sie bezahlt?

Die vier Fragen decken vier unterschiedliche Bereiche Ihres Lebens ab. Während es sich bei Frage 1 vorwiegend um Ihre persönlichen Vorlieben und Neigungen dreht, befasst sich Frage 2 mit Ihren Stärken und Fähigkeiten. Frage 3 richtet dann die Aufmerksamkeit darauf, was Sie der Welt anbieten können, also wie Sie die Welt durch Ihren persönlichen Beitrag vielleicht ein wenig besser machen können. Hier geht es nicht nur um die Innensicht, sondern auch um die Außensicht: Wie werden Sie heute wahrgenommen und wie wollen Sie zukünftig wahrgenommen werden? Mit Frage 4 wenden Sie sich dann ein wenig dem Soll-Ist-Vergleich zu. Ist das, wofür Sie heute bezahlt werden, etwas, mit dem Sie sich auch morgen noch identifizieren wollen oder haben die Antworten auf die Fragen 1-3 gezeigt, dass Ihr Weg Sie ggf. anderswo hinführt?

Die Suche nach den Antworten und das Streben nach einer Balance zwischen den vier Lebensbereichen kann ein Weg – insbesondere für chronisch ungeduldige Europäer – sein, um sich dem IKIGAI-Prinzip zu nähern. In Japan selbst wird es allerdings nicht nur auf die Arbeit und das eigene Fortkommen bezogen, sondern als umfassenderes Konzept verstanden.

 

Gordon Matthews, der Professor für Anthropologie an der Universität von Hong Kong und Autor des Buches „What makes life worth living? How Japanese and Americans make sense of their worlds“, erklärte in einem Interview mit „The Telegraph“, dass die Art, wie Menschen das Prinzip des „IKIGAI“ verstehen, oft auf zwei andere japanische Ideen zurückgeführt werden kann, die als „ITTAIKAN“ und als „JIKO JITSUGEN“ bezeichnet werden.

Die Idee des „ITTAIKAN“ bezieht sich auf ein „Gefühl der Einheit mit einer Gruppe bzw. der Verpflichtung einer Gruppe gegenüber“. Dazu im Unterschied bezieht sich die Idee des „JIKO JITSUGEN“ mehr auf die eigene Selbstverwirklichung. Der Umgang mit diesem Spannungsfeld verlangt nach Antworten.

Gordon Matthews betonte im Interview, dass „IKIGAI“ tatsächlich zu einem besseren Leben führen kann, weil man das Gefühl entwickelt, dass das eigene Leben einen Sinn hat und man weiß, wofür man lebt. Er warnt allerdings davor, „IKIGAI“ lediglich als „Lifestyle“-Entscheidung anzusehen: IKIGAI ist in Japan nicht etwas besonders Bedeutendes oder Außergewöhnliches. IKIGAI ist eigentlich eine sehr schlichte, bodenständige Idee, die häufig mit Okinawa in Zusammenhang gebracht wird.
Die Insel Okinawa liegt recht abgeschieden im Südwesten von Japan und besitzt einen ungewöhnlich großen Anteil von Menschen, die 100 Jahre oder älter sind. Sie werden häufig im Zusammenhang mit Untersuchungen zum IKIGAI-Prinzip als Beispiele angeführt.

Dan Buettner ist Experte für so genannte „Blaue Zonen“, also Gebiete der Welt, in denen die Menschen am längsten leben. In seinem TED-Talk „How to live to be 100?“ bezieht er das IKIGAI-Prinzip auf das Leben der Menschen auf Okinawa. Zusammen mit ihren besonderen Lebens- und Essgewohnheiten und der Unterstützung durch ein Netzwerk von Freunden (jap. „MOAI“) hilft es diesen Menschen, länger zu leben, weil es ihnen eine Aufgabe und einen Lebenssinn vermittelt. So gibt es auf Okinawa u.a. einen Karate-Meister, mehrere Fischer und mehrere Ur-Ur-Ur-Großmütter, die alle älter als 100 Jahre sind.

Es genügt jedoch nicht, das eigene IKIGAI zu kennen. Alle diese Menschen verwirklichen ihr persönliches IKIGAI, indem sie aktiv werden, etwas tun. Untersuchungen haben ergeben, dass das persönliche IKIGAI sich mit zunehmendem Alter verändern kann. Bei denjenigen Menschen, die in der eigenen Arbeit als ihrem Lebensmittelpunkt aufgehen, sorgt das vielleicht für eine gewisse Erleichterung. Je näher das Rentenalter kommt, um so mehr wird sich ein neues IKIGAI entwickeln. Die eigenen Prioritäten verschieben sich und passen sich dem Lebensalter an.

Wenn man sich die vier oben genannten Fragen regelmäßig und in größeren Zeitabständen beantwortet, können sie eine gute Orientierungshilfe für die eigenen Entscheidungen und Entwicklungen sein. Und da wir nur selbst die Antworten auf diese Fragen geben können, gibt es auch keine richtigen oder falschen Antworten. Oprah Winfrey nannte das sehr treffend: „Speaking your truth is the most powerful tool we all have.“

IKIGAI im Unternehmen
Aus der Perspektive des Unternehmers oder Managers kann die Beschäftigung mit dem IKIGAI-Prinzip Hinweise darauf liefern, wie es gelingen kann, Mitarbeitern bei der Verwirklichung ihres IKIGAI zu helfen und so dafür zu sorgen, dass sie ihre positive Energie und persönliche Motivation mit der Tätigkeit verbinden, für die sie bezahlt werden.

Ein etwas bekannteres Beispiel dafür, wie so etwas gelingen kann, ist die Firma „John´s Crazy Socks“, die auch über YouTube-Videos einen hohen Bekanntheitsgrad bekommen haben. Das Unternehmen wurde von einem Vater und seinem Sohn gegründet. Schon lange war es der Wunsch des Sohnes, der das Down-Syndrom hat, gewesen, durch seine lustigen Socken Fröhlichkeit in die Welt zu bringen („We are on a mission to spread happiness through socks.“) Heute nutzt er seine zunehmende Bekanntheit dazu, auf die besonderen Anforderungen für Menschen mit Down Syndrom, Autismus und andere Krankheitsbilder aufmerksam zu machen. Er hat sein IKIGAI mit seinem Unternehmen verbunden.

Damit Ihre Mitarbeiter das IKIGAI Ihres Unternehmens verstehen, hat es sich bewährt, mindestens einmal pro Jahr „Tage der Unternehmensvision“ zu veranstalten. Auch bei Spitzenunternehmen wie Facebook arbeiten die Mitarbeiter in Großgruppen-Veranstaltungen, Arbeitsgruppen und anderen Formaten einmal pro Jahr abteilungsübergreifend zusammen und teilen ihr persönliches Verständnis der Unternehmensvision. Der Sinn dieser Workshops ist, gemeinsam darüber nachzudenken, wie die eigene Lebensvision mit dem Unternehmenszweck verbunden werden kann, um einerseits erfolgreich miteinander zu arbeiten und andererseits den eigenen Idealen näher zu kommen.

In einem sorgfältig geplanten und vorbereiteten Setting aus Workshops, Vorträgen, Kommunikationshilfen und Gruppenveranstaltungen haben wir bereits vielen Teams dabei geholfen, ihr eigenes IKIGAI zu entdecken und mit den persönlichen Zielen und Visionen der Mitarbeiter in Übereinstimmung zu bringen.

Es ist uns dabei eine besondere Freude zu beobachten, wie der intensive und offene Dialog zum gemeinsamen Nachdenken über das IKIGAI der Einzelnen und der Firma führt, wie neue Ansätze für die Umsetzung identifiziert werden und die gemeinsame Arbeit auch zu neuen Ideen darüber führt, welchen Beitrag das Unternehmen für die Welt leisten kann.

Egal ob Sie Manager im Großunternehmen, Mittelständler oder „One-woman-show“ sind: Die Kenntnis des eigenen IKIGAI und offene Gespräche über Ihre persönliche Vision und die Ziele Ihres Unternehmens führen zu mehr Lebensfreude und Motivation, vertiefen Ihre Beziehungen zu den anderen Mitspielern und lassen Sie zielgerichteter und effizienter entscheiden und arbeiten.

Wenn Sie neue Wege gehen wollen, unterstützen wir Sie gern! Sprechen Sie uns an, damit wir gemeinsam herausfinden können, ob wir zueinander passen.

Links und Hinweise:
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1. Hier ein Link zum Buch von Gordon Matthews: https://www.amazon.de/What-Makes-Life-Worth-Living/dp/0520201337/ref=sr_1_fkmr1_1?ie=UTF8&qid=1520868654&sr=8-1-fkmr1&keywords=Gordon+Matthews+%22what+makes+life+worth+living%22, ISBN: 978-0520201330
2. Hier sein Interview im Telegraph: https://www.telegraph.co.uk/health-fitness/mind/finding-ikigai-japanese-secret-health-happiness/
3. Hier der TED-Talk von Dan Buettner:

4. Und hier der Link zu seinem Buch: https://www.amazon.de/Blue-Zones-Second-Lessons-Longest/dp/1426209487/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1520871641&sr=8-1&keywords=blue+zones+dan+buettner

5. Wenn Sie mehr über „John´s Crazy Socks“ erfahren möchten:

SMART ist nicht immer smart.

Überblick
Beim Lesen der aktuellen Wirtschaftsmeldungen kann der Eindruck entstehen, nie zuvor in der Geschichte der Menschheit habe es so große Umbrüche gegeben, wie heute. Digitalisierung, Arbeit 4.0, neue Märkte, neue Geschäftsmodelle, Disruption –viele Schlagworte bestimmen die aktuelle Diskussion.
Dabei vergessen wir gern, dass auch in einem dynamischen Marktumfeld Güter und Services entwickelt, produziert verkauft und ausgeliefert werden müssen. Gerade in Zeiten von Umbrüchen müssen Unternehmen ihre Ziele festlegen und in funktionierende Prozesse umsetzen.
Passen in diesem neuen Umfeld noch die Verfahren für die Planung und Umsetzung von Unternehmenszielen, die in der Ausbildung gelehrt werden? Wie können wir morgen unsere Zielerreichung so schnell und flexibel überprüfen, wie es in dynamischen Märkten nötig ist? Und wie können wir die neue Generation von Wissensarbeitern mit ins Boot holen? Genügen dafür SMART formulierte Ziele? Oder ist all das schon „Schnee von gestern“?

Im Teil 1 beschäftigen wir uns kurz und kompakt mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen der Zielplanungsverfahren, die heute in den meisten größeren Unternehmen Anwendung finden. Der 2. Teil wird sich dann damit beschäftigen, wie zukünftig Ziele so vereinbart und umgesetzt werden können, dass sie nicht schon bei Abschluss der Vereinbarung veraltet sind und so dynamisch angepasst werden können, wie es die neue digitale Unternehmensrealität von uns verlangt.

SMART ist nicht immer smart.
Grundsätzlich können zwei unterschiedliche Methoden der Zielentwicklung unterschieden werden:

Die ergebnisorientierten Ansätze zur Entwicklung von Zielen beruhen auf der Philosophie des „Management by Objectives“.
Prozess- und umsetzungsorientierte Zielvereinbarungen folgen dagegen dem Total Quality Management Ansatz.

Das SMART-Modell, das in jeder besseren Management-Fortbildung Erwähnung findet, folgt dem ergebnisorientierten Ansatz, indem es die Ziele in Form konkreter Ergebnisse beschreibt, die vorliegen sollen, wenn das Ziel erreicht ist. Die „SMART“ formulierten Ergebnisse beziehen sich meist auf Kriterien wie Effektivität, Kosten, Zeit und Effizienz und sollen möglichst spezifisch, messbar, gemeinsam vereinbart (engl. agreed), realistisch und mit einem konkreten Termin versehen sein.

Damit ist die SMART-Methode eine gute Grundlage für die klassische Vorgehensweise der Strategie-Entwicklung:
1. Entwickle und kommuniziere Zweck und Mittel Deines Unternehmens
2. Leite aus dem Unternehmenszweck und den verfügbaren Mitteln Deine konkreten Ziele ab.
3. Vereinbare die entsprechenden Ziele mit Deinen Führungskräften.
4. Sorge dafür, dass Führungskräfte die Ziele auf die Mitarbeiter-Ebenen konkretisieren.
5. Identifiziere geeignete Kennzahlen zur Überprüfung der Zielerreichung.
6. Lege Verfahren fest, mit denen die Zielerreichung regelmäßig untersucht wird.

Das funktioniert besonders gut, wenn die Erreichung der Ziele durch Kennzahlen einfach und genau überprüft werden kann. Also immer dann, wenn die Leistung des einzelnen Mitarbeiters im Wesentlichen nur von seinen eigenen Fähigkeiten, Kenntnissen und seiner Eigenmotivation abhängt.

In der Welt von Arbeit 4.0, Digitalisierung und neuen Geschäftsmodellen entstehen allerdings immer mehr Aufgaben, die durch solche eindimensionalen Leistungskennzahlen nicht dargestellt werden können. Kreativität, Flexibilität, Innovationsgeist und Experimentierfreude fordern die Kooperation mit anderen. Neue Arbeitsmodelle machen es nahezu unmöglich, ein Ergebnis ausschließlich auf die Leistung eines einzelnen Mitarbeiters zurück zu führen. Selbst die Arbeitsanteile innerhalb eines Teams lassen sich nicht zutreffend durch klassische Kennzahlen bestimmen, insbesondere dann nicht, wenn alle Mitarbeiter in einer Lernphase neuer Verfahren und Abläufe kennenlernen.

Die frühere Stärke von ergebnisorientierten Methoden wie Management by Objectives war, dass ein einfach nachvollziehbarer, direkter Bezug zwischen Ursache und Wirkung hergestellt werden konnte. Das machte die Messung der Erfolgskriterien einfach und transparent. Indirekt wirkende Zusammenhänge – auch wenn sie einen großen Einfluss auf das Ergebnis haben können – blieben bewusst unberücksichtigt. Die Auswirkungen einer Entscheidung auf andere Teile des Unternehmens, ein anderes Team oder eine bestimmte Kundengruppe wurden nicht betrachtet.

Im Marktumfeld von heute entwickelt sich diese frühere Stärke zur Schwäche, denn die Vernetzung von Mitarbeitern, Teams und ganzen Unternehmen ist durch eindimensionale Ursache-Wirkungs-Ketten weder zutreffend zu beschreiben noch zu messen und erst recht nicht zu steuern.

Das macht das Feedback meiner Coaching-Gruppen – häufig Gruppen von Top-Entscheidern eines Unternehmens – verständlich, ein Performance-Management-Konzept sei aus ihrer Sicht auf Basis der SMART-Methode zu zeitraubend, umständlich und zu unflexibel in der Anpassung.

Prozesse regeln auch nicht alles.
Die Kritik an den ergebnisorientierten Methoden wie der SMART-Methode ist nicht neu. Bereits in den 1980er Jahren haben die Verfechter des Total Quality Management (TQM) die Idee aufgenommen, durch eine eher prozessorientierte Herangehensweise die kontinuierliche Weiterentwicklung einer Organisation in den Mittelpunkt zu stellen, statt sich zu sehr auf einzelne Ergebnisse zu fokussieren. Gute Ergebnisse entstehen nicht durch Messung und Kontrolle von einzelnen Aspekten, sondern durch das Zusammenwirken verschiedener Faktoren in einer komplexen Welt.

Daher geht der TQM-Ansatz davon aus, dass Menschen, die wissen, was getan werden muss und genau das tun können, auch die erwarteten Ergebnisse erreichen werden. Qualität entsteht also dadurch, die Arbeitsabläufe so zu gestalten, dass Fehlerquellen minimiert werden. In der Gestaltung der Abläufe geht es darum, so genau wie nötig zu beschreiben, welche Aufgaben der Einzelne wahrnehmen muss und welche Standards einzuhalten sind, um die beabsichtigten Ziele des Prozesses zu erreichen.

Der TQM-Ansatz teilt damit die Hauptziele des Unternehmens auf den unterschiedlichen Prozessebenen in ihre einzelnen Bestandteile auf. Diese werden in den jeweiligen Teilprozessen optimiert und unterstützen so die Erreichung der Oberziele. Damit alle Prozesse vernünftig zusammenwirken, ist es allerdings notwendig, eine Prozess-Bürokratie zu etablieren, die für die strenge Einhaltung der Standards sorgt.

Die Stärke des prozessorientierten TQM-Ansatzes liegt darin, jede Fehlleistung als Möglichkeit zur Verbesserung zu verstehen. Die Förderung des individuellen Lernens und der Aufbau einer lernenden Organisation durch ein innerbetriebliches Wissensmanagement sind daher wesentliche Bestandteile der TQM-Methodik.

Häufig wird kritisiert, dass in der Konzentration auf die Optimierung der Prozesse die tatsächlichen Messergebnisse auf die leichte Schulter genommen werden, weil sie als Momentaufnahmen im Rahmen der kontinuierlichen Verbesserung zwar Hinweise liefern, aber darüber hinaus keine große Aussagekraft besitzen. Wichtige Warnsignale können so unterschätzt oder übersehen werden.

Insbesondere in einem sehr dynamischen Unternehmensumfeld gibt es viele Situationen, in denen die Leistung des Einzelnen im Rahmen eines Prozesses durch Faktoren eingeschränkt werden, auf die er keinen direkten Einfluss hat. Übergibt beispielsweise die Nachbarabteilung bestimmte Vorarbeiten nicht rechtzeitig, wirkt sich dies unmittelbar auf die Leistung aller nachgelagerten Prozess-Schritte aus, ist aber als Ursache der Schlechtleistung aus den Kennzahlen nicht immer erkennbar.

Einige Studien haben auch herausgefunden, dass eine zu starke Konzentration auf die korrekte Einhaltung von Prozessbeschreibungen und Qualitätshandbüchern dazu führen kann, dass Mitarbeiter den übergeordneten Zusammenhang ihrer Tätigkeit im Unternehmen vollständig aus den Augen verlieren und die Innovationskraft eingeschränkt wird.

Entscheidungen, die im direkten Zusammenhang mit einer eng abgegrenzten Aufgabe sinnvoll erscheinen, können sich dadurch sogar als schädlich erweisen, wenn sie aus einer übergeordneten Perspektive betrachtet werden. Insbesondere bei ethischen Fragestellungen wird dies deutlich, wenn für Entscheidungen angebliche „Sachzwänge“ als Argumentationshilfe herangezogen werden. Unrühmliches Beispiel dafür sind TQM-Verfahren in der Kranken- und Altenpflege, bei denen die Einhaltung von Zeitvorgaben wichtiger scheinen als das Wohl des Patienten und seine Bedürfnisse.

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p dir=“ltr“>Gibt es eine bessere Lösung?
Wie wir gesehen haben, bietet weder die Konzentration auf die angestrebten Ergebnisse der SMART-Methode noch die starke Betonung der Prozesse der TQM Methode die Unterstützung, die wir für eine Steuerung mit Hilfe von Zielen in dynamischen Zeiten benötigen.

Beide Methoden bleiben auch – aus unterschiedlichen Gründen – hinter den Ansprüchen der Mitarbeiter nach fairen, erreichbaren und nachvollziehbaren Zielvorgaben zurück.

Im 2.Teil dieses Artikels beschäftigen wir uns deshalb mit der Frage, wie ein Zielvereinbarungsprozess aussehen kann, der diesen Wünschen Rechnung trägt und so flexibel ausgelegt ist, dass er der hohen Veränderungsdynamik in stürmischen Zeiten standhalten kann.