„Jetzt sei doch nicht so kleinkariert!“

Über Grenzen der Toleranz und Verständnis füreinander

In meinen Gesprächen mit noch unerfahrenen Führungskräften gibt es ein „Evergreen-Thema“, über das wir uns früher oder später unterhalten. Meist gibt es einen konkreten Anlass: sie sind mit einzelnen Mitarbeitern oder mit einem Team in eine Streitgespräch geraten und haben aus ihrer eigenen Sicht falsch gehandelt haben: Entweder beklagen sie, dass sie sich nicht durchgesetzt haben oder, dass sie überreagiert haben.

Inhaltlich sind es häufig kleine, unbedeutende Anlässe, hinter denen aber größere Themen wie das eigene Selbstverständnis als Führungskraft oder grundsätzliche Regeln der Zusammenarbeit stehen. Und immer wenn es diese Ver-(Mischung) gibt, wird die Sache kompliziert.

Ein typisches Beispiel

Herr X ist als Spezialist für eine bestimmte Software-Anwendung der gesetzte Ansprechpartner für alle Fragen der Planung und Anwendungsentwicklung in diesem Bereich. Schon seit einigen Monaten mehren sich aber die Stimmen im Team, die sich über seine ständige Unpünktlichkeit beschweren. Egal, ob er vom Home Office aus an den Sprint-Meetings teilnimmt oder im Büro anwesend ist: Das gesamte Team wartet jedesmal mindestens 15 Minuten auf ihn, muss die Agenda umplanen und andere Themen vorziehen. Einige Kollegen, die nur an seinem Projekt beteiligt sind, verlieren wertvolle Zeit und es ist jedesmal das Gleiche: Er ist unvorbereitet, steht nicht im Thema und vertröstet bei vielen Fragen auf eine Mail im Anschluß an das Meeting.

Für seine junge Teamleiterin Frau Z ist der Umgang mit dieser Situation schwierig: Sie weiß, dass Herr X alleinerziehender Vater von zwei jüngeren Kindern ist und ausserhalb wohnt. Als Fachkraft ist er nicht ohne weiteres ersetzbar.

Zu dem Online-Meeting, das sie angesetzt hat, um über die Situation zu sprechen, verspätet sich Herr X um 10 Minuten. Es sei etwas gewesen mit den Kindern lautet seine halbherzige Erklärung. Eine Entschuldigung kommt nicht und das Gespräch nimmt einen konfrontativen Verlauf, in dem Herr X seiner Teamaleiterin unter anderem vorwirft, sie sei nur an ihrer Karriere interessiert und „total intolerant“. Sie müsse doch wohl Verständnis für seine Situation aufbringen, auch wenn sie selbst keine Kinder habe.

Für Frau Z ist das ein Problem: Einerseits hält sie sich selbst für einen sehr toleranten Menschen, der viel Verständnis für die Einstellungen und Probleme Anderer aufbringt. Andererseits treibt sie die Sorge um, nicht konsequent zu handeln und manipuliert zu werden, wenn sie zu tolerant ist. Wo liegt der gesunde Mittelweg zwischen Toleranz und Konsequenz?

Klare Begriffe und ein Lernprozess!

Besonders für unerfahrene Führungskräfte besteht die Gefahr, sich durch unterschwellige Vorwürfe unter Druck setzen zu lassen. Niemand will der intolerante spiessige Vorgesetzte sein, der kleinkariert nach Regelverstössen sucht und auf „Chef“ macht. Aber wieviel Toleranz ist gut und wieviel Konsequenz muss sein?

Räumen wir zunächst mit einem Missverständnis auf: Toleranz und Konsequenz sind zwei vollkommen unabhängige Begriffe. Wenn jemand als Führungskraft nicht konsequent handelt, muss er nicht unbedingt tolerant sein. Und wenn jemand intolerant ist, muss er nicht automatisch auch konsequent sein.

Genauso gilt: Nur weil jemand konsequent handelt, muss er nicht intolerant sein. und nur weil jemand tolerant ist, muss er nicht jedes Verhalten automatisch akzeptieren.
Daher ist es wichtig zu verstehen: Wenn ich für etwas „Verständnis habe“, so ist das nicht gleichzusetzen mit „Ich akzeptiere Dein Verhalten.“, auch wenn das im Alltag häufig gleichgesetzt wird.

Ich kann zum Beispiel als Richter dafür Verständnis haben, dass jemand aus großer Verzweiflung ein Gewaltdelikt begeht. Das ist sogar für eine angemessene Urteilsfindung eine Voraussetzung. Es bedeutet allerdings nicht, dass ich es aufgrund meines Verständnisses für akzeptabel hielte, Gewaltdelikte zu begehen. Die Tat selbst bleibt inakzeptabel, auch wenn ich verstehe, wie es zu ihr kommen konnte.

Was können wir also Frau Z. raten?

Wenn sie auf die Einhaltung bestimmter Grundregeln in der Zusammenarbeit besteht, hat das nichts mit ihrem Toleranz-Niveau als Führungskraft zu tun. Ihr Verständnis für die besondere Situation von Herrn X. darf nicht dazu führen, dass er besondere Vorzüge geniessen kann, die für den Rest des Teams nicht gelten.

Frau Z. sollte ansprechen, dass sie die besonderen Herausforderungen versteht, die Herr X. als alleinerziehender Vater bewältigen muss. Sie muss aber erklären, wo ihre Grenzen des Verständnisses – und die des Teams – liegen und wann diese überschritten sind. Herr X. muss verstehen, dass jede Überschreitung dieser Toleranzgrenzen eine Intervention nach sich zieht.

Mein Führungs-Tipp

Immer wenn Mitarbeiter durch ihr Verhalten immer wieder eine klar kommunizierte Toleranzgrenze überschreiten, müssen wir als Führungskräfte reagieren. Dabei spielt die „Schwere des Verstosses“ nur eine untergeordnete Rolle. Um ein Bild zu bemühen: Auch wenn ich regelmässig „nur“ 40 km/h in der 30er-Zone gefahren bin, hat das Konsequenzen.

Das Argument, „das sei doch zu viel unnötiger Stress“, ist eine Ausrede und entweder ein Zeichen von Faulheit oder Ausdruck der eigenen Angst vor Konfliktgesprächen. Wem es zu anstrengend ist, geltende Regeln durchzusetzen, sollte Moderator werden. Als Führungskraft erfüllt er so seinen Job nicht.

Der Vorwurf der Intoleranz ist ein Versuch, uns zu manipulieren. In vielen Fällen werden die Grenzen bewusst überschritten, weil ausgetestet werden soll, wie weit man gehen kann, bevor es Konsequenzen gibt. Und in diesem Fällen geht es nicht mehr um das Thema an sich, z.B. Pünktlichkeit, sondern um die Wahrung der eigenen Autorität und den Schutz vor zukünftigen Manipulationen.

Wir sollten daher in uns hineinhören: wie weit geht unser Mitgefühl und ab wann entwickeln wir ein „komisches Bauchgefühl“, dass wir gerade manipuliert werden? Dieses komische Gefühl ist ein klarer Hinweis darauf, dass unsere Toleranzgrenze gerade getestet wird. Und das ist nicht akzeptabel.

Wenn wir Verständnis zeigen, aber gleichzeitig konsequent nach geltenden Regeln handeln, bleiben wir in den Augen der Mitarbeiter menschlich, verlässlich und konsequent.

Nicht noch ein Führungs-Konzept!

In den vergangenen 40 bis 50 Jahren hat die Anzahl neuer Führungskonzepte explosionsartig zugenommen. Die Anzahl von Forschungsberichten und Befragungsergebnissen wurde im gleichen Zeitraum immer verwirrender und unübersichtlicher.

Diese Verwirrung ging so weit, dass es heute schwerfällt, die Unterschiede zwischen verschiedenen Führungskonzepten herauszuarbeiten, die in der Management-Literatur in den vergangenen Jahren gefeiert worden sind. Sie greifen teilweise andere Konzepte auf, modifizieren sie geringfügig oder wiederholen Bestandteile, die den Autoren nützlich erschienen, nur mit anderen Worten.

„Nicht noch ein Führungskonzept!“ schimpfte vor einiger Zeit einer meiner Klienten, Inhaber eines größeren mittelständischen Unternehmens. „Ich habe hier schon so viele verschiedene Präsentationen zu diesem Thema gehört, dass ich sie nicht mehr zählen kann. Und jedes Mal wollte man mich davon überzeugen, dass DIESE bestimmte Methode ALLES verändern könnte. Nichts ist dabei herausgekommen!“

Seine Verärgerung konnte ich verstehen.

Sind auch Sie verwirrt von der schieren Anzahl und Vielfalt verschiedener Führungsstile, Charaktereigenschaften, Verhaltensweisen und Anforderungen, die in der Management-Literatur an Führungskräfte gestellt werden? Können Sie es auch nicht mehr hören, „so“ sein zu müssen oder „dieses“ zu lassen, damit Sie erfolgreich führen können?

Sie sind nicht allein!

Im Laufe der letzten 20 Jahre hat sich die akademische Forschungsliteratur im Bereich der Führungskonzepte explosionsartig vermehrt. Eine unüberschaubare Anzahl von wissenschaftlichen (und weniger wissenschaftlichen) Beiträgen ist erschienen, die ständig neue Konzepte auf den Markt geworfen haben und so zu erheblicher Verwirrung geführt haben. Denn natürlich gab es dabei Widersprüche, Ähnlichkeiten, Überschneidungen und sogar Kopien, die eigentlich nur anders hießen.

Mal ganz praktisch betrachtet: Im Jahr 1960 gab es insgesamt 2.995 Forschungsarbeiten, die zum Thema Führung veröffentlicht worden sind. Im Jahr 2017 waren es ein paar mehr, insgesamt 114.422 Forschungsberichte, die als „peer-reviewed Papers“ zum Thema Führung erschienen sind und wissenschaftliche Standards eingehalten haben.

Es gab in diesem Jahr 2017 insgesamt 31.339 Arbeiten über Führungsstile, im Vergleich zu nur 499 im Jahr 1960.

Mehr Licht ins Dunkel der Führungskonzepte

Allein die schiere Anzahl von Führungskonzepten, Grundlagenartikeln und Ideen über Führung lässt vermuten, warum sich wahrscheinlich viele dieser Arbeiten zu einem gewissen Grad überschneiden und erwartet werden kann, dass sie in gewisser Weise dasselbe Thema abdecken, also redundant sind.

Eine neue Studie eines Forscherteams von der University of North Carolina hat die veröffentlichte Forschungsliteratur zum Thema Führung analysiert, um das Ausmaß der Überschneidungen und Wiederholungen in der Literatur über Führungsverhalten zu ermitteln. Sowohl die Studiendurchführung selbst wie auch ihre Ergebnisse sind komplexer Natur, liefern aber eine hilfreiche Einordnung, um sich in der Fülle der verschiedenen Führungskonzepte zurechtzufinden.

So ermittelte die Untersuchung zum Beispiel, dass das Konzept der authentischen Führung einen signifikanten Anteil der Eigenschaften des Konzepts der transaktionalen Führung wiederholt. Die Studie fand dabei auch heraus, dass das Konzept der authentischen Führung in der Praxis nach Einschätzung von Führungskräften bessere Ergebnisse liefert als das Konzept der transformationalen Führung.

Zu beachten ist aber bei der Interpretation der Studienergebnisse, dass die Messungen und Beschreibungen von Führung und deren Ergebnissen in den verschiedenen Studien sehr unterschiedlich sind. Hier variieren die Studien sehr stark, was einen direkten Vergleich erschwert.

Trotzdem kann festgehalten werden, dass sich viele Führungskonzepte mit der Zeit zu einem gemeinsamen Verständnis und einem Set gemeinsamer Kern-Merkmale mit einer Reihe sich wiederholender Eigenschaften verdichten lassen, die sich in allen untersuchten Arbeiten wiederfinden.

8 Konzepte auf dem Prüfstand

Untersucht wurden insgesamt acht Führungskonzepte, die in der Literatur als eigenständig gelten:

  1. Transaktionale Führung
  2. Transformationale Führung
  3. Charismatische Führung
  4. Laissez-faire
  5. Neue Charismatische Führung
  6. Authentische Führung
  7. Ethische Führung und
  8. Dienende Führung

Von diesen acht Führungskonzepten konnten in der Untersuchung nur vier ihre Eigenständigkeit unter Beweis stellen, weil sie die geringsten Überschneidungen und Wiederholungen zu anderen Konzepten aufwiesen. Dabei handelte es sich um:

  1. Transformationale Führung
  2. Authentische Führung
  3. Dienende Führung („Servant Leadership“) und
  4. Ethische Führung

Die übrigen vier Führungskonzepte lieferten weder einen validen Forschungsnachweis für eine eigenständige konzeptionelle Unterscheidbarkeit noch Beweise dafür, dass sie zu den Ergebnisse beitragen, die ihnen in der Literatur zugeschrieben werden.

Die einzige Ausnahme bildet die so genannte Laissez-faire-Führung, die eigentlich ein Konzept der „Nicht-Führung“ ist. Laissez-faire-Führungskräfte entziehen sich ihrer Führungsverantwortung, sind nicht anwesend, wenn sie gebraucht werden und weigern sich, Entscheidungen zu treffen oder ihre eigene Meinung zu wichtigen Angelegenheiten zu äußern. Entscheidungen werden ausschließlich als Ergebnis von Team-Prozessen angesehen, die möglichst ohne Intervention durch eine Führungskraft zustande kommen sollten. Laissez-faire-Führung ist somit zwar als Konzept klar definiert und dadurch von anderen Führungskonzepten unterscheidbar, stellt aber in Wirklichkeit eine Methode dar, sich der Verantwortung für Führung zu entziehen.

Wo wirken sich Führungs-methoden konkret aus?

Die größten Übereinstimmungen zwischen dem Verhalten der Führungskraft und den Ergebnissen des Führungshandelns finden sich in folgenden Bereichen:

Arbeitsleistung: Transformationale, ethische und dienende Führungsstile lieferten in der Untersuchung sehr ähnliche Ergebnisse in Bezug auf die Arbeitsleistung. Es konnte ein kleiner bis mittlerer Einfluss auf die Arbeitsleistung durch den verwendeten Führungsstil nachgewiesen werden.

Der authentische Führungsstil hatte keinen nennenswerten Einfluss auf die Arbeitsleistung insgesamt. Bei Laissez-faire-Führungsmethoden konnte ein überwiegend negativer Einfluss auf die Arbeitsleistung nachgewiesen werden.

Teamleistung: Dienende Führung hatte einen mittleren bis großen positiven Einfluss auf die Team-Leistung, während der Einfluss von transformationaler, authentischer und ethischer Führung einen etwas geringeren moderaten Einfluss auf die Ergebnisse in diesem Bereich im Vergleich zu transaktionaler Führung hatten.

Gesellschaftliches Miteinander in der Organisation: Authentische Führung hat den größten positive Einfluss auf das soziale Verhalten der Mitarbeiter untereinander, während transformationale, dienende und ethische Führungskonzepte keinen erkennbaren Einfluss auf das gesellschaftliche Miteinander innerhalb der Organisation haben.

Wechselwilligkeit der Mitarbeiter und Kündigungsquoten: Ethische und „dienende“ Führungsstile tragen am meisten zur Verringerung der Jobwechsel-Absichten von Mitarbeitern bei und erhöhen signifikant die Bindung an das Unternehmen. Es gibt wenig oder keine konsistenten Hinweise darauf, ob transformationale Führung oder authentische Führung Einfluss auf die Wechselwilligkeit haben.

Zusätzlich stellt die Studie fest, dass drei der primären Führungskonzepte, nämlich die Methoden der transformationalen, der authentischen und der ethischen Führung sich so stark ähneln, dass sie in eine breitere Kategorie als „moralische Führung“ zusammengefasst werden können.

In Übereinstimmung mit den jüngsten systematischen Auswertungen ist damit die Methode der dienende Führung („Servant Leadership“) diejenige, die am besten definiert ist, sich am klarsten von anderen Führungskonzepten abgrenzt und nachweisbar die konsistentesten Ergebnisse in Bezug auf die oben genannten vier Bereiche liefert.

Mein Fazit: Wir brauchen nicht noch mehr Führungsmodelle und -konzepte. Wir sollten uns lieber darauf konzentrieren, unseren Führungskräften in der konsequenten Umsetzungen einer Führungsphilosophie fachlich sattelfest und konsequent in der täglichen Umsetzung zu sein.

Kommunizieren in der Krise – worauf es ankommt.

Meine Erfahrung aus mehr als zwanzig Jahren intensiver Arbeit in der Organisationsentwicklung und im Leadership Coaching haben mir immer wieder Folgendes bestätigt:

  1. Wenn Sie glauben, als Führungskraft die Krise zu „fixen“ oder „überwinden“ zu können, überschätzen Sie Ihren Einfluß. Weder die Corona-Krise noch ihre zunehmend erkennbaren ökonomischen und sozialen Resultate können weg ge-„mananged“ werden. Wir können lediglich daran arbeiten, die Krisenfolgen für die eigene Organisation möglichst erträglich zu gestalten. Wir müssen „auf Sicht fahren“ und möglichst flexibel und überlegt das Machbare umsetzen. Die Krise darf uns nicht lähmen.
  2. Wie stark die Krise Sie und Ihr Unternehmen trifft, liegt nicht nur an äußeren Einflüssen, sondern auch daran, wie gut bereits früher bestehende interne Probleme erledigt sind. Wurden sie nur halbherzig bearbeitet oder grundlegend beseitigt? Je größer die Altlasten, umso schwerer trifft die Krise.
  3. Die gute Nachricht darin ist: Diese Altlasten können – ebenso wie viele andere Krisenfolgen – durch klare Analysen, gemeinsames Nachdenken und konsequente Umsetzung von Maßnahmen gelöst werden.

In der Krisenbewältigung bewegen wir uns im Rahmen folgender Bedingungen:

  1. Die meisten Menschen sind nicht in der Lage, mit besonders herausfordernden Situationen umzugehen. Sie suchen in ihrer Verunsicherung Orientierung von außen, besonders bei ihren Führungskräften.
  2. Unter psychischem Druck leidet die Fähigkeit, in systematischen Zusammenhängen zu denken. Trotz fachlicher Expertise werden daher häufig naheliegende Lösungen übersehen.
  3. Teams neigen in Stress-Situationen dazu, sich in ihren Silos zu isolieren und „den eigenen Hof sauber“ zu halten. Sie arbeiten dann zu wenig teamübergreifend und suchen nicht gemeinsam nach Ideen und Lösungen. Dadurch verpufft organisationale Energie.
  4. Veränderungsprozesse verlaufen selten linear. Sie entwickeln sich in verschiedenen Stufen. Dabei wechseln sich positive und negative Stimmungslagen ab. Als Führungskräfte müssen wir erkennen können, wo die Mitarbeiter gerade stehen und darauf durch angemessene Kommunikation reagieren.

Das bedeutet für Ihre Kommunikation und den Umgang miteinander:

  1. Sagen Sie die Wahrheit. Ist die Lage für Ihr Unternehmen ernst? Dann teilen Sie den Mitarbeitern mit, dass die Lage ernst ist. Vermeiden Sie Übertreibungen ebenso wie Relativierungen. Ihre Mitarbeiter sind erwachsen und wollen auch so behandelt werden. Niemand wird Ihnen vertrauen können, wenn das Gefühl besteht, Sie wollten Ihr Team „schonen“, es nicht beunruhigen. Ihre Mitarbeiter bilden sich eine eigene Meinung. Das ist nicht zu vermeiden. Zutreffende Informationen helfen dabei.
  2. Kommunizieren Sie regelmäßig, auch wenn der Kalender gerade überquillt. Dafür werden Sie bezahlt. Vermeiden Sie Durchhalte-Parolen. Formulieren Sie stattdessen möglichst klar, was jetzt gebraucht wird und was Sie von Ihrem Team erwarten. Stellen Sie den Zusammenhang zu den übrigen Maßnahmen im Unternehmen her. So können Ihre Mitarbeiter am besten erkennen, worin ein wertvoller Beitrag zur Überwindung der Probleme besteht.
  3. Seien Sie möglichst transparent. Scheuen Sie sich nicht, zu zeigen, an welchen Stellen die Organisation in der Vergangenheit Fehler gemacht hat und welche Dinge heute neu bewertet werden müssen. Zeigen Sie, dass Ihre Organisation lernfähig ist und machen Sie klar, welche Prioritäten jetzt anstehende Entscheidungen leiten.
  4. Wenn Sie sich für neue Wege und Vorgehensweisen entschieden haben, setzen Sie diese in aller Konsequenz um. Jetzt ist nicht die Zeit, herum zu lavieren. Stellen Sie sicher, dass der neue Weg nicht durch Angst vor sozialem Widerstand aus der Belegschaft aufgeweicht wird und faule Kompromisse geschlossen werden. Das schadete Ihrer Glaubwürdigkeit und reduziert die Bereitschaft Ihres Teams, mitzuhelfen. Stattdessen wird dann lieber „abgewartet, wohin sich das Ganze hier entwickelt.“
  5. Gestatten Sie sich selbst und anderen keine Lässigkeit in Bezug auf den respektvollen Umgang miteinander. Bestehen Sie auf gegenseitiger Wertschätzung. Wer glaubt, dass großer Druck und außergewöhnliche Umstände fehlende Höflichkeit entschuldigen, ist lediglich unerzogen und eine zusätzliche Zumutung für das engere Umfeld.

Für einen unverbindlichen Gedankenaustausch über Ihre konkreten Herausforderungen in der aktuellen Lage nehmen Sie gern Kontakt mit uns auf. In unserem vertraulichen, kostenfreien Kennenlern-Gespräch diskutieren wir miteinander, wie Sie als Führungskraft sowohl sich wie auch Ihr Team bestmöglich auf die neuen Herausforderungen einstellen können.

Zur Terminvereinbarung geht es hier:

undefined

Five Elements Consulting & Training GmbH

Wir entwickeln Führungs-Kräfte!

Mal wieder nichts gesagt! – Wie unethisches Führungsverhalten durchkommt.

Bei den jüngsten Wirtschafts-Skandalen, z.B. in der Banken- oder Auto-Industrie, war wieder von kriminellem Handeln, Täuschung und Betrug die Rede. Schnell hat man auch die Schuldigen identifiziert: Die Führungskräfte sind es gewesen. Sie seien es, die durch ihr Führungsverhalten versäumt hätten, gültige ethische Standards durchzusetzen und damit das verbrecherische Handeln quasi erst ermöglicht haben. Selbst wenn diese Schuldzuweisungen griffig sind und wir uns längst an die Vorstellung gewöhnt haben, dass es Führungskräfte gibt, die um des Erfolges willen ihren moralischen Kompass beiseite gelegt haben: Beim Thema des unethischen Handelns in Unternehmen geht es um mehr als das Versagen einzelner Manager.

Denn bei genauerer Betrachtung zeigt sich schnell, dass Betrug, Vorteilsnahme, Tricksereien und andere unlautere Praktiken nur möglich sind, wenn sie auch von den internen Teams zugelassen oder sogar aktiv unterstützt werden.

Um ein vollständiges Bild des Entstehens solcher strafbaren Handlungen zu zeichnen, muss deshalb auch die Rolle der Mitarbeiter betrachtet werden. Die kritische Analyse des Handelns aller Beteiligten kann dann helfen, die Bedingungen für unethische Vorhaben zu erschweren oder zu verhindern.

Implizite Theorien schaffen explizite Erwartungen

In vielen Studien wurde bestätigt, dass die grundsätzliche Erwartung an ein gewisses Sozialverhalten von der Position und Rolle der handelnden Person beeinflusst wird. Von einem Manager in herausgehobener Position wird von seinem Umfeld ein anderes Verhalten erwartet als vom Mitarbeiter aus dem Lagerbereich. Wir scheinen also eine Reihe von stillschweigenden Annahmen zu treffen, wie sich jemand in der einen oder anderen Position benehmen sollte.

Die Mitarbeiterin aus der Buchhaltung bringt daher dem Geschäftsführer mehr Verständnis entgegen, wenn er sich nicht an ihren Namen erinnern kann, als dem Kollegen aus der Nachbar-Abteilung. Dem Geschäftsführer hält sie zugute, dass er „ja den Kopf sicher sehr voll hat…“ Dem Kollegen wird dagegen unterstellt: „der glaubt wohl, er sei was Besseres..:“.

Die Situation ist zwar die Gleiche, das Urteil der Mitarbeiterin fällt aber unterschiedlich streng aus.

Wissenschaftlich ist bestätigt, dass viele Unternehmen ein unausgesprochenes (implizites) gemeinsames Verständnis darüber haben, wie sich Führungskräfte und Mitarbeiter benehmen sollten. Im positiven Sinne hilft dieses gemeinsame Verständnis, die eigene Rolle mit den Kolleginnen und Kollegen besser abzustimmen und das eigene Verhalten an diesen Erwartungen auszurichten. Der wohlmeinende Hinweis an den neuen Kollegen: „Das machen wir hier so…“, hilft diesem also, sich in seine neue Position schneller einzugewöhnen.

Gutes Benehmen kann unethisches Verhalten fördern.

Wenn wir an die vielen großen und kleinen Wirtschaftsskandale der letzten Jahre denken, stellt sich immer wieder die gleichen Fragen: Wie konnte das so lange unbemerkt bleiben? Hat das denn niemand bemerkt? Die Antwort: Viele haben es geahnt, einige haben davon gewusst, alle haben geschwiegen.

Mehrere Studien haben untersucht, welche Umstände dazu beitragen, dass Mitarbeiter unethisches Verhalten ihrer Vorgesetzten decken: Einen förderlichen Einfluss haben danach Situationen, die für die Mitarbeiter unklar sind und teilweise widersprüchliche Anforderungen stellen. So zum Beispiel dann, wenn die Organisationsinteressen mit den Eigeninteressen der Mitarbeiter kollidieren und die Führungskraft in ihrem unkorrekten Verhalten darauf beruft, dadurch für die Firma einen Vorteil zu erreichen.

So würde ein bestechlicher Einkäufer vielleicht argumentieren: „Da muss man mal fünfe gerade sein lassen kann, wenn es um die Auftragsvergabe geht. Die guten Beziehungen bringen uns am Ende mehr Rabatt als die ganze Ausschreibung.“

Die Ergebnisse zeigen, dass Mitarbeiter, denen vorher unkorrektes Verhalten fern gelegen hat, sogar bereit sind, zum Mit-Täter zu werden, wenn die Begründung ausreichend plausibel und die Situation unübersichtlich ist. Sie sind dann häufig sogar davon überzeugt, das Richtige für ihr Unternehmen zu tun.

Wenn wir über unethisches Verhalten von Mitarbeitern und Führungskräften sprechen, meinen wir im Allgemeinen Verstöße gegen ethische Grundsätze und die Compliance-Regeln des Unternehmens. Neben diesen Vorgängen geht es aber darum, vorsätzlich Strukturen, Situationen und Prozesse zu schaffen, das unethische Handeln fördern oder erst ermöglichen.

Hier nutzt der Manager seine Rolle als Vorgesetzter aus. Die eigenen Mitarbeiter fühlen sich damit nicht persönlich verantwortlich. „Der Chef hat es angeordnet.“ Und diese Haltung kommt häufiger vor, als angenommen. Denken wir beispielsweise an unethisches Verhalten im zwischenmenschlichen Bereich: Eine Führungskraft, die einzelne Mitarbeiter herabwürdigt, anschreit oder mobbt, kann dies nur dann tun, wenn ihr durch die anderen Mitarbeiter im Team kein Widerstand entgegengebracht wird. Die Duldung und das Stillschweigen der Kolleginnen und Kollegen wird von ihr ggf. sogar als Zustimmung gewertet.

Viele Mitarbeiter verhalten sich in solchen unangenehmen Situationen wie „Schaulustige“: Sie nehmen das Verhalten ihres Vorgesetzten zur Kenntnis, wollen sich aber nicht hineinziehen lassen. Andere Mitarbeiter glauben, wegen ihrer Rolle die Handlungen ihres Vorgesetzten grundsätzlich nicht in Frage stellen zu dürfen.

Beiden Verhaltenstypen ist gemeinsam, dass sie bereit sind, die (angeblichen oder tatsächlichen) Prioritäten der Organisation höher einstufen als die persönlichen ethischen Standards.

Sie lassen daher ihre Vorgesetzten gewähren, wenn sie annehmen, dass das versprochene positive Ergebnis aus ihrer Sicht die Nachteile am Ende deutlich überwiegen wird. „Wo gehobelt wird, da fallen Späne.“

Trotz dieser naheliegenden Erkenntnisse fehlte es allerdings bisher an einem integrierten Erklärungsansatz für dieses Verhalten. Diese Lücke schließt eine neue Studie der Universitäten Halle und Chemnitz.

Studie der Universitäten Halle und Chemnitz bringt Licht ins Dunkel!

Die Studie untersuchte die Wirkungen, die die Unternehmenskultur in Form von impliziten Gepflogenheiten auf die Bereitschaft der Mitarbeiter ausübt, unethische Handlungen von Vorgesetzten zu tolerieren oder sich selbst an ihnen zu beteiligen. Sie bestand aus zwei Teilstudien.

Studie Nr. 1 umfasste 187 Testpersonen, die an einer so genannten Postkorb-Übung teilnahmen. Ihre zugewiesene Rolle war die einer Führungskraft auf mittlerer Management-Ebene einer Fast-Food-Firma. Vor dem Hintergrund weiterer Informationen über die Firmenstruktur und ihre Zuständigkeiten wurden sie im ersten Übungsabschnitt gebeten, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erfüllen, z.B. Gehaltsentscheidungen zu treffen, Trainingsprogramme zu organisieren und Urlaubsanträge zu prüfen.

Im zweiten Übungsabschnitt forderte der Geschäftsführer die Teilnehmer auf, Bewerbungen von acht Kandidaten zu bewerten, die sich für die Leitung des HR-Teams beworben hatten. Von den acht Kandidaten sollten drei für ein Vorstellungsgespräch ausgewählt werden. Vier Bewerber waren aus der Region. Vier andere waren ursprünglich als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen, wie den Bewerbungen zu entnehmen war. Für die Auswahl sollten zwei Bewerbungskriterien verwendet werden:

  1. Die Kandidaten sollten Erfahrungen in der Lebensmittel-Branche oder Fast-Food-Industrie haben und
  2. Sie sollten Erfahrungen im Verkauf mitbringen.

Sowohl zwei deutsche Bewerber wie zwei Bewerber mit Migrationshintergrund erfüllten diese Kriterien. Alle anderen Kandidaten kamen für ein Bewerbungsgespräch nicht in Frage.

Die Testpersonen wurden nun zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt:

  1. In der Kontrollgruppe wurden sie aufgefordert, die besten Kandidaten für die Tätigkeit auszuwählen.
  2. In der anderen Gruppe machte der Geschäftsführer gegenüber den Testpersonen eine Bemerkung, die darauf abzielte, keine Migranten als Führungskräfte in der Firma zu beschäftigen. Das Statement lautete: „Beim Lesen der Bewerbungen habe ich bemerkt, dass es unter den Bewerbern auch einige Ausländer gibt. Bei der Personalauswahl sollten Sie im Hinterkopf behalten, dass die Mitarbeiter in der Firmenzentrale fast ausschließlich aus Deutschen bestehen. In der Vergangenheit hat die Homogenität unseres HR-Teams einen wesentlichen Beitrag zu unserem guten Teamwork und unserem Erfolg geleistet. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die neue Führungskraft für unser HR-Team ein Garant für die gute Chemie untereinander ist.“

Unschwer ist der diskriminierende Charakter des Statements zu erkennen. Befolgen die Testpersonen die Anweisung, verstoßen sie gegen ethische Prinzipien und unterstützen so das diskriminierende Verhalten. Sie stehen also in einer komplexen Entscheidungssituation. Anhand verschiedener Standard-Messverfahren wurde nun untersucht, wie sich die Testpersonen verhielten.

Eine zweite Studie mit ähnlichem Aufbau unterschied sich in zwei Bedingungen: In der einen Variante wurde die Aufforderung zur Diskriminierung ausländischer Bewerber ohne jede weitere Erklärung oder Rechtfertigung gegenüber den Teilnehmern geäußert. In der anderen Variante wurde sie damit begründet, es bringe für das Unternehmen insgesamt enorme Vorteile, wenn keine Ausländer beschäftigt würden.

Wie reagierten die Studien-Teilnehmer?

Die Beobachtungen ergaben, dass eine gute Begründung die Bereitschaft der Testpersonen deutlich erhöhte, der Aufforderung des Geschäftsführers zu folgen. Mehrere Faktoren trugen dazu bei:

  • Testpersonen, die an sich selbst den Anspruch hatten, „ordentliche Bürger“ zu sein, waren eher bereit als andere, die eigene Verantwortung an den Geschäftsführer abzugeben. Sie neigten messbar auch dazu, einem Vorgesetzten eine gewisse Überlegenheit zuzuschreiben.
  • Testpersonen mit einer ausgeprägten Neigung zu sozialer Konformität gaben auch an, gerne „vorgegebene Regeln zu befolgen“. Sie waren deutlich bereiter, auch unethische Anweisungen zu befolgen.

Sie zeigten dabei auch eine deutliche Tendenz dazu, die eigenen Handlungen so zu begründen, dass diese (zumindest in der eigenen Wahrnehmung) als weniger unethisch angesehen werden konnten.

  • Auch Testpersonen, die nur schwer mit Ungewissheit umgehen konnten und eine Neigung zu rigidem „Schwarz-Weiss-Denken“ zeigten, waren deutlich bereiter, die Anweisung des Geschäftsführers umzusetzen.

Zusammengefasst:

Die Studien zeigen, dass bestimmte Umstände die Bereitschaft von Mitarbeitern erhöhen, unethisches Verhalten von Vorgesetzten hinzunehmen oder aktiv zu unterstützen. Mehrdeutige oder unklare berufliche Situationen fördern dieses Verhalten. Für das eigene Führungsverhalten ist daher wichtig: Sobald Situationen aus Sicht der Mitarbeiter ungeklärt, widersprüchlich oder verwirrend sind, steigt die Gefahr, auch unethisches Handeln zu dulden. Befindet sich also Ihr Unternehmen oder Ihr Bereich in einer Phase größerer Veränderungen, ist die Schaffung von Transparenz und Klarheit in der Kommunikation von größter Bedeutung. Sie können dadurch nicht nur verhindern, dass Ihre Mitarbeiter in Loyalitätskonflikte geraten, sondern auch dazu beitragen, dass die grundlegenden Pfeiler Ihrer Unternehmenskultur nicht in Frage gestellt werden oder in Vergessenheit geraten.

Die Förderung der internen Aufmerksamkeit ist für Sie die beste Versicherung gegen den nächsten Skandal in der Presse.

Referenz zum Nachlesen: Knoll, M., Schyns, B. u. Petersen, L. E. (2017): How the influence of unethical Leaders on Followers is affected by their implicit followership theories.  Oxford Review, Journal of Leadership & Organisational Studies Nr. 1548051817705296.

Vertrauen ins Management – notwendig oder „nice to have“?

Nicht nur in der aktuellen Debatte um die enge Personalsituation in Altenheimen und Krankenhäusern spielt die Anzahl der Mitarbeiter eine große Rolle. Die Personalkosten stellen in den meisten Dienstleistungsbereichen den größten Kostenblock dar. Wenn es Probleme gibt, sind sie zu teuer und müssen unbedingt reduziert werden. Oder es gibt zu wenige Mitarbeiter, sodass eine sinnvolle Pflegetätigkeit oder Service-Erbringung nicht möglich ist.

Große Einigkeit scheint darüber zu bestehen, dass die Freisetzung von Servicekräften als Patentrezept am schnellsten dabei hilft, Kosten einzusparen.

Häufig wird in dieser Betrachtung außer Acht gelassen, dass die Reduzierung von Personal sich auch negativ auf die verbleibenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,  ihre Leistungsfähigkeit und Produktivität auswirkt. Wie eine Reihe von Studien gezeigt hat,   wird z.B. in Service Centern durch die Freisetzung von Kolleginnen und Kollegen die Fähigkeit von Mitarbeitern im Front Office stark negativ beeinflusst, erfolgreich mit Kunden zu kommunizieren. Vertragsabschlüsse, Kundenzufriedenheits-Werte und andere Erfolgskennzahlen bewegen sich hier deutlich nach unten.

Bleiben wir im Gesundheitswesen: Über einen Zeitraum von neun Jahren hat sich zum Beispiel die Anzahl der Interaktionen zwischen Patienten und Pflegepersonal im US-amerikanischen Gesundheitssektor von 182 Kontakten (2006) auf 216 Interaktionen pro Mitarbeiter (2015) erhöht. Auf den ersten Blick könnte man vermuten, dass sich in also die Effizienz der Mitarbeiter verbessert hätte. Tatsächlich zeigt ein genauerer Blick:

  1. Der Anteil der „Quality Time“, den das Pflegepersonal mit den Patienten verbringen kann hat sich dramatisch verringert. Für ein freundliches Gespräch und einen entspannten und persönlichen Umgang zwischen Pflegepersonal und Patient bleibt keine Zeit.
  2. Auch die Behandlungsergebnisse haben sich im gleichen Zeitraum verschlechtert, die Anzahl der Behandlungsfehler hat zugenommen.
  3. Diese Zunahme hat zu einem langfristigen Anstieg der Kosten geführt. Die Behandlungskosten pro Patient haben sich erhöht, zum Beispiel weil die Rekonvaleszenz länger gedauert hat.
  4. Die Mitarbeiter gaben darüber hinaus in einer Befragung an, sie hätten das Gefühl, die persönliche Arbeitsbelastung habe ebenfalls stark zugenommen.

Ein ähnliches Bild können wir auch in Deutschland zeichnen. Wie kann das Management wirksam dazu beitragen, dass sich diese negativen Effekte nicht zu sehr auf die Mitarbeiter auswirken?

Im „Journal of Services Marketing“ wurde dazu im Jahr 2016 eine Studie veröffentlicht, die nahelegt, dass viele negative Effekte, die auf die Belegschaft durch Personalfreisetzungen ausgelöst werden, nicht durch ein bestimmtes Management-Vorgehen abgemildert werden können, wenn sie strukturelle Probleme in der Organisation betreffen. Solange diese Strukturen nicht an den geringeren Personalbestand angepasst sind, wirken die Strukturprobleme sich negativ auf die Mitarbeiter und ihre Motivation aus.

Die Studie ermittelte ihre Ergebnisse durch die Befragung von 879 Mitarbeitern des Pflegepersonals aus fünf US-amerikanischen und chinesischen Gesundheitsorganisationen. Sie zeigte auch auf, dass gute Führungskräfte einen gewichtigen Teil der negativen Effekte, z.B. den wachsenden Stress der Mitarbeiter in ihrer Rolle als Pfleger, wirksam reduzieren können und die negativen Auswirkungen auf die Arbeitsqualität und die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter durch ihr Führungsverhalten deutlich abgemildert werden können. Die Führungskräfte haben es durch den Aufbau und die Pflege eines Vertrauensverhältnisses zu ihren Mitarbeitern  in der Hand, Mitarbeiter in Veränderungssituationen wirksam zu unterstützen und ihre Demotivation nicht zu groß werden zu lassen.

Change, eigene Rolle, eigener Anspruch und Performance

Gutes Management kann also in einer Veränderungsphase dafür sorgen,

  1. dass die Mitarbeitern die Zunahme der Arbeitsbelastung als weniger stark empfinden,
  2. dass die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter trotz der Veränderunge stabil bleibt  oder sich sogar erhöht und
  3. dass die Team-Produktivität trotz eines Personalabbaus durch gelungene Zusammenarbeit sogar optimiert werden kann.

Die Forscher der Studie, Wissenschaftler aus China und den USA, kamen zu dem Ergebnis, dass der entscheidende Unterschied dabei in zwei Faktoren liegt:

  1. Wie nimmt das Management den Changes und seine Notwendigkeit wahr?
  2. Wie sieht das Management die Mitarbeiter, ihre Produktivität und ihre Arbeitssituation?

Steht das Management der bevorstehenden Veränderung negativ gegenüber, so wirkt sich dies direkt auf die Mitarbeitermotivation aus. Hat das Management darüber hinaus eine eher negative Einstellung gegenüber den eigenen Mitarbeitern, bezwefelt es z.B. deren Arbeitseinstellung, so sorgt dies ebenfalls dafür, dass eine ohnehin schon negativ belegte Situation sich schnell noch negativer entwickelt.

Die Studie zeigte auch, dass ein Management, das unter Druck steht und auf der Jagd nach Kosteneinsparungen ist, die Mitarbeiter deutlich fordernder und härter behandelt, als bei weniger starkem Kostendruck. Die Mitarbeiter spüren die direkte Auswirkung ohnehin dadurch, dass weniger Mitarbeiter das gleiche Arbeitspensum wie vorher bewältigen müssen. Der Ton wird rauher, die Nerven liegen blank.

Nicht nur im Gesundheitswesen, sondern auch bei Fluggesellschaften und anderen Dienstleistungsunternehmen führt allerdings kein Weg an einer simplen Wahrheit vorbei: Es gibt ein bestimmtes Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Kunden, das nicht unterschritten werden kann, ohne die Sicherheit aller Beteiligten zu gefährden.

Insbesondere dann, wenn Personal abgebaut werden muss, um Kosten einzusparen, haben die Mitarbeiter mit direktem Kundenkontakt häufig das Gefühl, dass sie ihre Arbeit nicht mehr so professionell erledigen können wie zu Zeiten, als die Teams noch größer gewesen sind. Sie können damit ihre eigenen Ansprüchen an die Rolle, z.B. als Pfleger, nicht mehr erfüllen. Das führt zu Stress und Demotivation, weil sie sich als Opfer sehen, das – trotz besseren Wissens – die Folgen tragen muss, ohne etwas ändern zu können.

Eine Krankenschwester, die beständig ihren Terminen hinterherrennt, ist nicht mehr in der Lage, eine persönliche Beziehung zu ihren Patienten aufzubauen. Die Patienten fühlen sich in diesem Umfeld – und ich weiß wovon ich rede – als „Fall“ statt als „Patient“. Sie werden in ihren Bedürfnissen nur unzureichend wahrgenommen und damit nicht optimal betreut. Es ist nachvollziehbar, dass sie dieses Gefühl an die Krankenschwester zurückspiegeln. Deren Arbeitszufriedenheit nimmt dadurch weiter ab und unterminiert die eigene Produktivität.

Vertrauen in das Management ist nicht „nice to have“

Besteht zwischen dem Management und den Mitarbeitern jedoch ein grundlegendes Vertrauensverhältnis, so kann dies dazu beitragen, die eigene Arbeitsbelastung und den eigenen Stress als weniger schlimm zu empfinden, auch wenn Personal freigesetzt werden muss.

Wie die Studie von Jun Ye Jesse King zeigt, ist die Schaffung eines verlässlichen Vertrauensverhältnisses keine schnelle Lösung, um erfolgreich ein Change-Programm „durchziehen“ zu können. Es geht vielmehr um die Entwicklung eines gemeinsamen Vertrauens-Fundamentes für die gesamte Organisation, auf das im Krisenfall als stabilisierender Faktor aufgebaut werden kann.

Die Ergebnisse bestätigen: In Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern, in denen die Mitarbeiter eine vertrauensvolle und gute Beziehung zu ihrem Management unterhielten und darüber hinaus das Gefühl hatten, das Management interessiere sich wirklich für ihre Belange, hatten sie deutlich niedrigere Stress-Level und konnten eine Veränderungssituation im Vergleich wesentlich besser bewältigen, als die Mitarbeiter anderer Unternehmen. Mitarbeiter und Management arbeiteten hier gemeinsam daran, die Auswirkungen der Stellenstreichungen auf die Versorgung der Patienten soweit wie möglich abzufedern. Dabei gelang es ihnen sogar, die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Teams gemeinsam zu steigern.

In Unternehmen, deren Verhältnis zwischen Management und Mitarbeitern nicht durch ein vertrauensvolles Verhältnis geprägt war, zeigte sich das genaue Gegenteil: Die Stress-Level waren wesentlich höher, die Arbeitszufriedenheit wesentlich niedriger und die Produktivität geringer. Auch die Ergebnisse der Kundenzufriedenheitsbefragungen waren schlechter und die Patienten zeigten schlechtere Behandlungsergebnisse.

Das Vertrauensverhältnis zwischen Management und Mitarbeitern ist damit nicht nur ein „Wohlfühl-Faktor“ in der Unternehmenskultur. Die Studie belegt: Ein gutes Vertrauensverhältnis federt teilweise die negativen Folgen von Personalfreisetzungen ab, reduziert negative Auswirkungen auf die Motivation der Mitarbeiter und vermeidet negative Einflüsse auf Kundenzufriedenheit und die Arbeitsergebnisse. Wird auf eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung durch das Management kein Wert gelegt oder ein bestehendes Vertrauensverhältnis aufgrund von äusserem Druck vernachlässigt, so kann dies bedeuten, dass erhoffte Kostensenkungen einer Einsparung durch die negativen Folgen von Produktivitätsverlusten, Qualitätsproblemen und Regress-Forderungen mehr als aufgezehrt  werden können.

Unser Hinweis an Krisenmanager lautet daher: Wenn Sie das Vertrauen Ihrer Mitarbeiter aufgrund der „Umstände“ verspielen, ist dieses verlorene Vertrauen nur schwer wiederzugewinnen und wird in der Betrachtung der Gesamtkosten teuer bezahlt. Der Vertrauensverlust Ihrer Mitarbeiter kann damit mittelbar und unmittelbar den Erfolg Ihrer Maßnahmen zerstören.

Referenz:

Jun Ye Jesse King (2016): „Managing the downside effect of a productivity orientation“, Journal of Services Marketing, Vol. 30, Issue 2, Seite 34-41 in: Research Briefing, The Oxford Review

Sind Sie schon IKIGAI?

Warum stehen wir morgens auf und verlassen unser Bett? Sich diese Frage an einem Montagmorgen zu stellen, kann einen dazu verleiten, sich direkt wieder hinzulegen. Wenn es Ihnen genauso geht, könnte das japanische Konzept des IKIGAI Ihnen vielleicht helfen.

Japan verfügt heute über den größten Anteil hochaltriger Menschen an der Gesamtbevölkerung weltweit. Nirgendwo sonst werden die Menschen so alt wie in Japan. Es wäre also möglich, dass die Japaner einen Weg gefunden haben, um länger und besser zu leben.

Für das Wort IKIGAI gibt es keine direkte Übersetzung. Man nimmt an, dass die beiden Worte „IKIRU“ für „Leben“ und „KAI“ in der Bedeutung von „die Umsetzung dessen, worauf eine Person hofft“ zu dem Wort „IKIGAI“ kombiniert worden sind. Sie bilden die Bestandteile eines Konzeptes, das sich mit der Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens beschäftigt.

IKIGAI verweist auch auf historische Bezüge: „GAI“ leitet sich aus dem Wort „KAI“ ab und bedeutet „Schale“ oder „Muschel“. Insbesondere während der Heian-Periode in der Zeit zwischen 794 und 1185 n. Chr. besaßen bestimmte Schalen einen besonders hohen Wert, wie Akihiro Hasegawa, klinischer Psychologe und Professer an der Toyo Eiwa Universität, erläutert hat. Das Symbol der Schale gab einen Hinweis auf die Bedeutung des eigenen Lebens und wies darauf hin, sorgsam darauf zu achten, womit wir die Schale unseres eigenen Lebens füllen.

Um der Antwort auf die Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens etwas näher zu kommen, empfehle ich, mit vier einfachen Fragen zu beginnen:
1. Was lieben Sie besonders?
2. Worin sind Sie besonders gut?
3. Was braucht die Welt von Ihnen am meisten?
4. Wofür werden Sie bezahlt?

Die vier Fragen decken vier unterschiedliche Bereiche Ihres Lebens ab. Während es sich bei Frage 1 vorwiegend um Ihre persönlichen Vorlieben und Neigungen dreht, befasst sich Frage 2 mit Ihren Stärken und Fähigkeiten. Frage 3 richtet dann die Aufmerksamkeit darauf, was Sie der Welt anbieten können, also wie Sie die Welt durch Ihren persönlichen Beitrag vielleicht ein wenig besser machen können. Hier geht es nicht nur um die Innensicht, sondern auch um die Außensicht: Wie werden Sie heute wahrgenommen und wie wollen Sie zukünftig wahrgenommen werden? Mit Frage 4 wenden Sie sich dann ein wenig dem Soll-Ist-Vergleich zu. Ist das, wofür Sie heute bezahlt werden, etwas, mit dem Sie sich auch morgen noch identifizieren wollen oder haben die Antworten auf die Fragen 1-3 gezeigt, dass Ihr Weg Sie ggf. anderswo hinführt?

Die Suche nach den Antworten und das Streben nach einer Balance zwischen den vier Lebensbereichen kann ein Weg – insbesondere für chronisch ungeduldige Europäer – sein, um sich dem IKIGAI-Prinzip zu nähern. In Japan selbst wird es allerdings nicht nur auf die Arbeit und das eigene Fortkommen bezogen, sondern als umfassenderes Konzept verstanden.

 

Gordon Matthews, der Professor für Anthropologie an der Universität von Hong Kong und Autor des Buches „What makes life worth living? How Japanese and Americans make sense of their worlds“, erklärte in einem Interview mit „The Telegraph“, dass die Art, wie Menschen das Prinzip des „IKIGAI“ verstehen, oft auf zwei andere japanische Ideen zurückgeführt werden kann, die als „ITTAIKAN“ und als „JIKO JITSUGEN“ bezeichnet werden.

Die Idee des „ITTAIKAN“ bezieht sich auf ein „Gefühl der Einheit mit einer Gruppe bzw. der Verpflichtung einer Gruppe gegenüber“. Dazu im Unterschied bezieht sich die Idee des „JIKO JITSUGEN“ mehr auf die eigene Selbstverwirklichung. Der Umgang mit diesem Spannungsfeld verlangt nach Antworten.

Gordon Matthews betonte im Interview, dass „IKIGAI“ tatsächlich zu einem besseren Leben führen kann, weil man das Gefühl entwickelt, dass das eigene Leben einen Sinn hat und man weiß, wofür man lebt. Er warnt allerdings davor, „IKIGAI“ lediglich als „Lifestyle“-Entscheidung anzusehen: IKIGAI ist in Japan nicht etwas besonders Bedeutendes oder Außergewöhnliches. IKIGAI ist eigentlich eine sehr schlichte, bodenständige Idee, die häufig mit Okinawa in Zusammenhang gebracht wird.
Die Insel Okinawa liegt recht abgeschieden im Südwesten von Japan und besitzt einen ungewöhnlich großen Anteil von Menschen, die 100 Jahre oder älter sind. Sie werden häufig im Zusammenhang mit Untersuchungen zum IKIGAI-Prinzip als Beispiele angeführt.

Dan Buettner ist Experte für so genannte „Blaue Zonen“, also Gebiete der Welt, in denen die Menschen am längsten leben. In seinem TED-Talk „How to live to be 100?“ bezieht er das IKIGAI-Prinzip auf das Leben der Menschen auf Okinawa. Zusammen mit ihren besonderen Lebens- und Essgewohnheiten und der Unterstützung durch ein Netzwerk von Freunden (jap. „MOAI“) hilft es diesen Menschen, länger zu leben, weil es ihnen eine Aufgabe und einen Lebenssinn vermittelt. So gibt es auf Okinawa u.a. einen Karate-Meister, mehrere Fischer und mehrere Ur-Ur-Ur-Großmütter, die alle älter als 100 Jahre sind.

Es genügt jedoch nicht, das eigene IKIGAI zu kennen. Alle diese Menschen verwirklichen ihr persönliches IKIGAI, indem sie aktiv werden, etwas tun. Untersuchungen haben ergeben, dass das persönliche IKIGAI sich mit zunehmendem Alter verändern kann. Bei denjenigen Menschen, die in der eigenen Arbeit als ihrem Lebensmittelpunkt aufgehen, sorgt das vielleicht für eine gewisse Erleichterung. Je näher das Rentenalter kommt, um so mehr wird sich ein neues IKIGAI entwickeln. Die eigenen Prioritäten verschieben sich und passen sich dem Lebensalter an.

Wenn man sich die vier oben genannten Fragen regelmäßig und in größeren Zeitabständen beantwortet, können sie eine gute Orientierungshilfe für die eigenen Entscheidungen und Entwicklungen sein. Und da wir nur selbst die Antworten auf diese Fragen geben können, gibt es auch keine richtigen oder falschen Antworten. Oprah Winfrey nannte das sehr treffend: „Speaking your truth is the most powerful tool we all have.“

IKIGAI im Unternehmen
Aus der Perspektive des Unternehmers oder Managers kann die Beschäftigung mit dem IKIGAI-Prinzip Hinweise darauf liefern, wie es gelingen kann, Mitarbeitern bei der Verwirklichung ihres IKIGAI zu helfen und so dafür zu sorgen, dass sie ihre positive Energie und persönliche Motivation mit der Tätigkeit verbinden, für die sie bezahlt werden.

Ein etwas bekannteres Beispiel dafür, wie so etwas gelingen kann, ist die Firma „John´s Crazy Socks“, die auch über YouTube-Videos einen hohen Bekanntheitsgrad bekommen haben. Das Unternehmen wurde von einem Vater und seinem Sohn gegründet. Schon lange war es der Wunsch des Sohnes, der das Down-Syndrom hat, gewesen, durch seine lustigen Socken Fröhlichkeit in die Welt zu bringen („We are on a mission to spread happiness through socks.“) Heute nutzt er seine zunehmende Bekanntheit dazu, auf die besonderen Anforderungen für Menschen mit Down Syndrom, Autismus und andere Krankheitsbilder aufmerksam zu machen. Er hat sein IKIGAI mit seinem Unternehmen verbunden.

Damit Ihre Mitarbeiter das IKIGAI Ihres Unternehmens verstehen, hat es sich bewährt, mindestens einmal pro Jahr „Tage der Unternehmensvision“ zu veranstalten. Auch bei Spitzenunternehmen wie Facebook arbeiten die Mitarbeiter in Großgruppen-Veranstaltungen, Arbeitsgruppen und anderen Formaten einmal pro Jahr abteilungsübergreifend zusammen und teilen ihr persönliches Verständnis der Unternehmensvision. Der Sinn dieser Workshops ist, gemeinsam darüber nachzudenken, wie die eigene Lebensvision mit dem Unternehmenszweck verbunden werden kann, um einerseits erfolgreich miteinander zu arbeiten und andererseits den eigenen Idealen näher zu kommen.

In einem sorgfältig geplanten und vorbereiteten Setting aus Workshops, Vorträgen, Kommunikationshilfen und Gruppenveranstaltungen haben wir bereits vielen Teams dabei geholfen, ihr eigenes IKIGAI zu entdecken und mit den persönlichen Zielen und Visionen der Mitarbeiter in Übereinstimmung zu bringen.

Es ist uns dabei eine besondere Freude zu beobachten, wie der intensive und offene Dialog zum gemeinsamen Nachdenken über das IKIGAI der Einzelnen und der Firma führt, wie neue Ansätze für die Umsetzung identifiziert werden und die gemeinsame Arbeit auch zu neuen Ideen darüber führt, welchen Beitrag das Unternehmen für die Welt leisten kann.

Egal ob Sie Manager im Großunternehmen, Mittelständler oder „One-woman-show“ sind: Die Kenntnis des eigenen IKIGAI und offene Gespräche über Ihre persönliche Vision und die Ziele Ihres Unternehmens führen zu mehr Lebensfreude und Motivation, vertiefen Ihre Beziehungen zu den anderen Mitspielern und lassen Sie zielgerichteter und effizienter entscheiden und arbeiten.

Wenn Sie neue Wege gehen wollen, unterstützen wir Sie gern! Sprechen Sie uns an, damit wir gemeinsam herausfinden können, ob wir zueinander passen.

Links und Hinweise:
Die angegebenen Links sind Verweise auf externe Webseiten, deren Funktionieren wir zwar überprüft haben, aber nicht garantieren können. Angegebene Bücher haben wir auf Amazon gefunden und die entsprechenden Links angegeben. Allerdings würden wir uns freuen, wenn Sie mit Ihrer Buchbestellung Ihren lokalen Buchhandel unterstützen. Wir stehen mit Amazon in keinerlei Vertragsbeziehung und erhalten keine Provisionen, wenn Sie bei Amazon bestellen.

1. Hier ein Link zum Buch von Gordon Matthews: https://www.amazon.de/What-Makes-Life-Worth-Living/dp/0520201337/ref=sr_1_fkmr1_1?ie=UTF8&qid=1520868654&sr=8-1-fkmr1&keywords=Gordon+Matthews+%22what+makes+life+worth+living%22, ISBN: 978-0520201330
2. Hier sein Interview im Telegraph: https://www.telegraph.co.uk/health-fitness/mind/finding-ikigai-japanese-secret-health-happiness/
3. Hier der TED-Talk von Dan Buettner:

4. Und hier der Link zu seinem Buch: https://www.amazon.de/Blue-Zones-Second-Lessons-Longest/dp/1426209487/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1520871641&sr=8-1&keywords=blue+zones+dan+buettner

5. Wenn Sie mehr über „John´s Crazy Socks“ erfahren möchten:

Wie wir SMARTER Ziele vereinbaren

Im ersten Teil („Smart ist nicht immer smart.“) haben wir herausgearbeitet, warum die SMART-Methode und die prozessorientierten Verfahren für Zielvereinbarungen in unserer dynamischen Zeit Schwächen aufweisen. Meine Klienten bestätigen mir immer wieder: Man habe zwar in einem mehrtägigen Management-Workshop prima Managementziele vereinbart, aber es zeige sich bereits nach kurzer Zeit, dass die Umsetzung langwieriger und schwieriger sei als erwartet. Im Übrigen reagierten die Mitarbeiter häufig eher negativ als positiv auf die neuen Ziele.
Wie sollte ein Zielvereinbarungsprozess aussehen, der flexibel genug und gleichzeitig so in die betrieblichen Abläufe integriert ist, dass die Umsetzung der Zielvereinbarungen normaler Bestandteil des Tagesgeschäfts ist? Und wie kann es dabei gelingen, die Mitarbeiter in der Zielfindung so einzubinden, dass ihre Wünsche nach fairen, erreichbaren und nachvollziehbaren Zielen berücksichtigt werden?

Nicht motivieren, sondern Demotivation vermeiden.
Viele Managementbücher loben den Abschluss von individuellen Zielvereinbarungen mit Mitarbeitern als wirksames Führungsinstrument. Dahinter steht folgende Annahme: Wenn Mitarbeiter einen direkten Bezug zu den Unternehmenszielen herstellen können und genau wissen, welchen persönlichen Beitrag sie zum Unternehmenserfolg leisten, sind sie hoch motiviert. Sie sind dann gerne bereit, persönliche Ziele zu vereinbaren und alles dafür zu tun, diese Ziele auch zu erreichen.
Bei dieser Vorstellung über persönliche Wertvorstellungen von Mitarbeitern bleiben nach meinen Erfahrungen allerdings wichtige Aspekte unbeachtet:
Ein Aspekt ist die Rollenkonkurrenz: Mitarbeiter nehmen – wie ihre Vorgesetzten auch – mehrere unterschiedliche Rollen ein und verfolgen aus diesen Rollen heraus unterschiedliche Ziele. In der Rolle als Eltern oder Beziehungspartner streben sie vielleicht an, möglichst viel Zeit mit der Familie zu verbringen. Andererseits wollen sie vielleicht durch Überstunden die Urlaubskasse auffüllen und dafür mehr Zeit in der Arbeit verbringen. Ihr Wunsch nach beruflicher Weiterentwicklung verlangt darüber hinaus Zeit für Fortbildungen und Selbststudium, die von der gemeinsamen Familienzeit ebenfalls abgeht.
Mit anderen Worten: Auch, wenn die Unternehmensziele die Mitarbeiter begeistern und sie sich gerne engagieren, stehen diese Ziele immer in Konkurrenz mit persönlichen Zielen aus anderen Lebensbereichen.
Für die Priorisierung der verschiedenen Zielbereiche spielen Faktoren wie das Lebensalter und die eigene Erfahrung eine große Rolle. Mitarbeiter, die am Anfang ihrer beruflichen Entwicklung stehen, identifizieren sich häufig gerne und intensiv mit den Unternehmenszielen. Sie wollen gestalten, sich etablieren. Ältere Mitarbeiter betrachten die Unternehmensziele aus ihrem persönlichen Erfahrungshintergrund distanzierter. Sie prüfen kritisch, ob sie die Ziele für richtig halten und ob ihr Engagement sich lohnen wird. Vielleicht haben sie in der Vergangenheit bereits erlebt, dass große Ziele angekündigt und nach viel Engagement wieder aufgegeben wurden. Oder sie waren Zeugen, wie Strategie-Änderungen die bisherigen Ziele in ihr Gegenteil verkehrt haben.
Wenn es gelingt, neue Ziele gemeinsam mit diesen erfahrenen Mitarbeitern gemeinsam zu entwickeln und sie von deren Sinnhaftigkeit zu überzeugen, sind sie durchaus bereit, ihre große Erfahrung bereitzustellen. Kommunikation und persönliche Wertschätzung sind daher wichtig, um sie gewinnen zu können.
Mehrere Studien haben bestätigt, dass die Wirkung individuell vereinbarter Leistungsziele ganz unterschiedlich ausfallen kann. Gelingt es, mit den Mitarbeitern Ziele zu vereinbaren, die zwar herausfordernd aber erreichbar sind, so sorgt dieser Leistungsanreiz für eine positive Motivation. Stellen die Ziele keine Herausforderung dar, weil sie nach Ansicht der Mitarbeiter problemlos umzusetzen sind, entwickeln sie keine positive Wirkung.
Halten die Mitarbeiter die Ziele für unerreichbar hoch, wird das Gegenteil erreicht: Aus ihrer Sicht haben diese Ziele mit ihrer Arbeitswirklichkeit nichts zu tun. Verbunden mit dem Gefühl, nicht wahrgenommen zu werden, nimmt ihre Arbeitszufriedenheit nachhaltig ab.
Auch die möglichst konkrete Beschreibung der Ziele ist wichtig: Kein Mitarbeiter will an der Zielvorgabe gemessen werden, „in jeder Situation sein Bestes zu geben.“ Je weniger konkret die Ziele abgefasst sind, umso größer ist die Sorge, bei der späteren Bewertung ihrer Zielerreichung ggf. übervorteilt zu werden.
Damit Zielvereinbarungen erfolgreich als Führungsinstrument wirken und motivieren können, sollten deshalb folgende Punkte berücksichtigt werden:

  • Die individuell vereinbarten Ziele sollten in nachvollziehbarer Weise mit den Unternehmenszielen in Verbindung stehen.
  • Die Mitarbeiter sollten beurteilen können, wie sie zur Erreichung der Ziele konkret beitragen können.
  • Die Ziele sollten so konkret, eindeutig und messbar wie möglich formuliert sein.
  • Die Ziele sollten so bemessen werden, dass sie eine Herausforderung darstellen, aber die Mitarbeiter nicht überfordern.
  • Einmal getroffene Zielvereinbarungen sind „heilig“ und können nicht einseitig uminterpretiert werden. Aussagen wie „So war das nicht gemeint…“ sind ein Tabu!

Führungskräfte tragen die Verantwortung dafür, durch gute Vorbereitung und wertschätzende Kommunikation gemeinsam mit den Mitarbeitern machbare Ziele zu vereinbaren. Wenn sie dabei erfolgreich vermeiden können, ihre Mitarbeiter zu demotivieren, ist schon viel gewonnen.

Ursache, Wirkung und Komplexität
Eine stete Quelle der Unzufriedenheit ist für die Mitarbeiter, wenn sie einerseits möglichst konkrete Vorgabe-Werte erfüllen sollen, andererseits aber von Kollegen und Zulieferern abhängig sind, auf die sie kaum Einfluss haben. Schnell kann sich hier das Gefühl einstellen, anderen „ausgeliefert“ zu sein, wenn die Zielerreichung ohne eigenes Verschulden gefährdet wird.
Solange es einen klar erkennbaren Zusammenhang zwischen Ursache (eigenes Handeln) und Wirkung (angestrebtes Ergebnis) gibt, ist eine Zielvereinbarung recht einfach umzusetzen. Geht es aber um eine Aufgabe, bei der die Mitarbeiter neue Fertigkeiten erlernen müssen, kann die verfrühte Vereinbarung eines konkreten Zielwertes hinderlich sein. Denn insbesondere während der Einführungsphase einer neuen Tätigkeit oder Rolle müssen die individuellen Lernfortschritte berücksichtigt werden, die der einzelne Mitarbeiter und das Team zu bewältigen haben.
Aufgrund fehlender Erfahrung können die Mitarbeiter in dieser Phase häufig noch nicht einschätzen, welche Anstrengungen erforderlich sind, um einen konkreten Zielwert zu erreichen. Sie neigen häufig in der Begeisterung für Neues dazu, sich durch zu positive Erwartungen zu überfordern und damit selbst unter Druck zu setzen.
Deshalb empfehle ich vor allem bei neuen oder sehr komplexen Aufgaben, Zielvereinbarungen so abzufassen, dass das Erreichen von Lernzielen und das Sammeln von Erfahrungen belohnt werden. In diesen Einführungssituationen ist es für alle Beteiligten nur von Vorteil, keine konkreten Zielwerte, sondern einen relativ breit angelegten Zielkorridor zu vereinbaren.
Gerade in Zeiten großer Umbrüche wie der Digitalisierung ist es eine Form der Ehrlichkeit, einzuräumen, dass wir nicht mit 100%iger Sicherheit alle kommenden Entwicklungen vorhersehen können. Auch wenn wir gerne die Zukunft in eindeutige Kennzahlen pressen würden, verhält sie sich häufig anders als geplant. Gemeinsam entwickelte Zielkorridore helfen dabei, verschiedene mögliche Szenarien vorzudenken.
Die gemeinsame Diskussion über mögliche Zukunfts-Szenarien hilft bei der Entstehung eines gemeinsamen Verständnisses. Wir wissen zwar nicht, welches Szenario sich einstellen wird. Aber die Zielvereinbarung hat auch nicht vor, einen bestimmten Zielwert festzuschreiben, der sich auf jeden Fall einstellen muss. Vielmehr geht es darum, sich gemeinsam auf jedes realistisch mögliche Szenario vorzubereiten und dafür eine gewisse Ergebnis-Bandbreite festzulegen.
Häufig ist selbst die Zusammensetzung der Aufgaben bei neuartigen Themen noch nicht eindeutig geklärt. Einerseits gibt es klar formulierte Aufgaben, für die konkrete Zielwerte gefunden werden könnten. Daneben sind aber auch komplexe, miteinander verknüpfte Aufgaben zu lösen, für die solche eindeutigen Zielwerte nicht realistisch wären.
Die Mischung einfacher Tätigkeiten einerseits und komplizierter Aufgabenpakete andererseits erschwert den Zielvereinbarungsprozess, weil sich die verschiedenen Komplexitätsebenen und Unsicherheiten nur unzureichend in konkreten Messzahlen abbilden lassen.

Mehrwerte durch weniger Werte
Um diese unterschiedlichen Komplexitäts-Ebenen abbilden zu können, ist es notwendig, die Unterschiede der jeweiligen Aufgabeninhalte zu beschreiben. Gelingt eine solche Beschreibung in standardisierter Form durch Faktoren, können für unterschiedliche Situationen vergleichbare Aufgaben identifiziert werden, für die dann standardisierte Handlungsmöglichkeiten und Zielvorgaben entwickelt werden können.
In seiner Studie bezeichnet Tony Manning diese Vorgehensweise als die Schaffung eines Kontingenzmodells, in dem nur zwischen zwei Arten von Aufgaben unterschieden wird, nämlich den „komplexen Aufgaben“ und den „geradlinigen, einfachen Aufgaben“.
Anhand von jeweils vier Fragen zur Unterscheidung in „komplexe Jobs“ und „einfache Aufgaben“ soll eine Einordnung anhand von Punktwerten durchgeführt werden können. Für jeden Punktwert sollen dann standardisierte Zielvorgaben und Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.

Die eher „geradlinigen, einfachen Aufgaben“ werden lt. Manning wie folgt charakterisiert:
1. Die Aufgabe besteht aus bekannten und vorhersehbaren Tätigkeiten.
2. Die Leistung der Mitarbeiter ist einfach zu erfassen und zu messen.
3. Der Schwerpunkt der Aufgabe liegt in der Erreichung kurzfristiger Ergebnisse.
4. Das Arbeitsergebnis ist hauptsächlich von den Fähigkeiten und der Motivation des Aufgabeninhabers abhängig.

Komplexe Tätigkeiten werden von ihm durch folgende Kriterien beschrieben:
1. Die Mitarbeiter müssen logisches Denken und Fachwissen auf eine komplexe Abfolge von Aktivitäten anwenden.
2. Die einzelnen Aufgaben innerhalb der Tätigkeit setzen sich aus einer Anzahl unterschiedlicher Bestandteile zusammen.
3. Die Organisation muss sich im Tätigkeitsgebiet mit signifikanten Veränderungen auseinandersetzen.
4. Die betreffenden Mitarbeiter bedienen sich zur Bewältigung der Tätigkeit komplexer Problemlösungsstrategien und Kommunikationsfähigkeiten.

In seiner Studie ließ Manning auf einer Skala von jeweils 0 bis 4 Punkten bewerten. Damit ergab sich ein Lösungsbereich zwischen 0 Punkten (einfache Tätigkeit) und 32 Punkten (maximal komplexe Tätigkeit). Auch wenn diese Art der Klassifizierung sicher noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist, weist die Idee nach meiner Ansicht einen guten Weg.
Denn wenn es innerhalb eines Unternehmens oder eines Bereiches eine Standard-Klassifizierung von Aufgaben und Tätigkeiten gäbe, die nachvollziehbar wäre und sich nicht in Details verlöre, könnten daraus auch standardisierte Zielwerte und Ergebniserwartungen entwickelt werden. Die Stellenanforderungen und die Anforderungsprofile der Mitarbeiter wären damit einfacher in Übereinstimmung zu bringen und würden eine standardisierte Vorauswahl geeigneter Bewerber für offene Stellen unterstützen.
Statt sich im Rahmen von Zielgesprächen über einzelne Zielwerte unterhalten zu müssen, könnten Vereinbarungen auf Basis standardisierter Zielkorridore und Standardkennzahlen vereinbart werden.
Insbesondere bei neuartigen Aufgaben stünde dann die Einordnung und Bewertung der Aufgaben im Mittelpunkt der Zielgespräche. Statt die Frage: „Was soll erreicht werden?“ in den Mittelpunkt zu stellen, ginge es um die Vereinbarung einer gemeinsamen Vorgehensweise und die Beantwortung der Frage: „Wie erreichen wir gemeinsam den Zielkorridor und wann sind wir zufrieden?“

Gute Vorbereitung als Eckstein zum Erfolg
Die wichtigste Grundlage für die Vereinbarung von standardisierten Zielkorridoren ist die Identifizierung aller Aufgaben, für die das neue Zielvereinbarungssystem angewendet werden soll. In Gesprächen mit den verschiedenen Stelleninhabern kann zum Beispiel festgelegt werden, dass in mehreren Projektphasen die Aufgabenbereiche eingeordnet werden, beginnend bei eher standardisierten Tätigkeiten.
Im zweiten Schritt werden dann die einzelnen Aufgaben gemeinsam mit den Stelleninhabern bzw. Aufgabenverantwortlichen kategorisiert. Dazu sollten die Besonderheiten des Unternehmens berücksichtigt und folgende Fragen beantwortet werden:
1. Wie viele Aufgaben der jeweiligen Komplexitätsgrade gibt es? Sind sie relativ gleich verteilt oder gibt es Schwerpunkte, z.B. in einzelnen Bereichen?
2. Wie stark sind die Aufgaben miteinander vernetzt?
3. Sind die betrachteten Aufgaben in der Organisation vollkommen neu, bereits eingeführt oder langjährig etabliert?
4. Wie viele Kontakte müssen einbezogen werden, um die Aufgabe zu erfüllen? Ist sie alleine zu bewältigen oder nur durch eine Teamleistung umzusetzen?

Sind die Aufgaben entsprechend definiert, wird sich eine Mischung aus standardisierten und komplexen Aufgaben ergeben, die pro Bereich individuell verschieden sind.

Die standardisierten, klar abgrenzbaren Aufgaben beinhalten wahrscheinlich viele Elemente, die sich mit der SMART-Methodik gut beschreiben lassen. Der Anteil individueller Lern- und Entwicklungsziele ist bei diesen Aufgaben eher gering.

<

p dir=“ltr“>Die komplexeren Aufgabenpakete orientieren sich stärker an allgemeiner formulierten, lernorientierten Zielen. Der Anteil der SMART formulierten Zielvorgaben ist eher niedrig.
Handelt es sich um größere organisatorische Veränderung, die das Unternehmen oder den Bereich beschäftigen, sollten die vereinbarten Ziele und Erfolgskriterien so gewählt werden, dass Mitarbeiter dafür belohnt werden, in dieser neuen Struktur den bestmöglichen Lösungsansatz für die betreffende Aufgabe zu identifizieren und auszuprobieren zu können.

In aller Kürze:
Die Digitalisierung verlangt nach flexiblen Vorgehensweisen und Zielkorridoren, die als Team erreicht werden müssen. Statt sich auf die Festlegung und Kontrolle konkreter Vorgabewerte zu konzentrieren, sollten Zielvereinbarungen daher die Frage in den Mittelpunkt stellen, mit welchem Tätigkeiten-Mix ein Zustand erreicht werden kann, der innerhalb eines erwünschten Zielbereiches liegt, aktuelle Veränderungen aufgreift und in einer gemeinsamen Anstrengung schnell umgesetzt werden kann.

SMART ist nicht immer smart.

Überblick
Beim Lesen der aktuellen Wirtschaftsmeldungen kann der Eindruck entstehen, nie zuvor in der Geschichte der Menschheit habe es so große Umbrüche gegeben, wie heute. Digitalisierung, Arbeit 4.0, neue Märkte, neue Geschäftsmodelle, Disruption –viele Schlagworte bestimmen die aktuelle Diskussion.
Dabei vergessen wir gern, dass auch in einem dynamischen Marktumfeld Güter und Services entwickelt, produziert verkauft und ausgeliefert werden müssen. Gerade in Zeiten von Umbrüchen müssen Unternehmen ihre Ziele festlegen und in funktionierende Prozesse umsetzen.
Passen in diesem neuen Umfeld noch die Verfahren für die Planung und Umsetzung von Unternehmenszielen, die in der Ausbildung gelehrt werden? Wie können wir morgen unsere Zielerreichung so schnell und flexibel überprüfen, wie es in dynamischen Märkten nötig ist? Und wie können wir die neue Generation von Wissensarbeitern mit ins Boot holen? Genügen dafür SMART formulierte Ziele? Oder ist all das schon „Schnee von gestern“?

Im Teil 1 beschäftigen wir uns kurz und kompakt mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen der Zielplanungsverfahren, die heute in den meisten größeren Unternehmen Anwendung finden. Der 2. Teil wird sich dann damit beschäftigen, wie zukünftig Ziele so vereinbart und umgesetzt werden können, dass sie nicht schon bei Abschluss der Vereinbarung veraltet sind und so dynamisch angepasst werden können, wie es die neue digitale Unternehmensrealität von uns verlangt.

SMART ist nicht immer smart.
Grundsätzlich können zwei unterschiedliche Methoden der Zielentwicklung unterschieden werden:

Die ergebnisorientierten Ansätze zur Entwicklung von Zielen beruhen auf der Philosophie des „Management by Objectives“.
Prozess- und umsetzungsorientierte Zielvereinbarungen folgen dagegen dem Total Quality Management Ansatz.

Das SMART-Modell, das in jeder besseren Management-Fortbildung Erwähnung findet, folgt dem ergebnisorientierten Ansatz, indem es die Ziele in Form konkreter Ergebnisse beschreibt, die vorliegen sollen, wenn das Ziel erreicht ist. Die „SMART“ formulierten Ergebnisse beziehen sich meist auf Kriterien wie Effektivität, Kosten, Zeit und Effizienz und sollen möglichst spezifisch, messbar, gemeinsam vereinbart (engl. agreed), realistisch und mit einem konkreten Termin versehen sein.

Damit ist die SMART-Methode eine gute Grundlage für die klassische Vorgehensweise der Strategie-Entwicklung:
1. Entwickle und kommuniziere Zweck und Mittel Deines Unternehmens
2. Leite aus dem Unternehmenszweck und den verfügbaren Mitteln Deine konkreten Ziele ab.
3. Vereinbare die entsprechenden Ziele mit Deinen Führungskräften.
4. Sorge dafür, dass Führungskräfte die Ziele auf die Mitarbeiter-Ebenen konkretisieren.
5. Identifiziere geeignete Kennzahlen zur Überprüfung der Zielerreichung.
6. Lege Verfahren fest, mit denen die Zielerreichung regelmäßig untersucht wird.

Das funktioniert besonders gut, wenn die Erreichung der Ziele durch Kennzahlen einfach und genau überprüft werden kann. Also immer dann, wenn die Leistung des einzelnen Mitarbeiters im Wesentlichen nur von seinen eigenen Fähigkeiten, Kenntnissen und seiner Eigenmotivation abhängt.

In der Welt von Arbeit 4.0, Digitalisierung und neuen Geschäftsmodellen entstehen allerdings immer mehr Aufgaben, die durch solche eindimensionalen Leistungskennzahlen nicht dargestellt werden können. Kreativität, Flexibilität, Innovationsgeist und Experimentierfreude fordern die Kooperation mit anderen. Neue Arbeitsmodelle machen es nahezu unmöglich, ein Ergebnis ausschließlich auf die Leistung eines einzelnen Mitarbeiters zurück zu führen. Selbst die Arbeitsanteile innerhalb eines Teams lassen sich nicht zutreffend durch klassische Kennzahlen bestimmen, insbesondere dann nicht, wenn alle Mitarbeiter in einer Lernphase neuer Verfahren und Abläufe kennenlernen.

Die frühere Stärke von ergebnisorientierten Methoden wie Management by Objectives war, dass ein einfach nachvollziehbarer, direkter Bezug zwischen Ursache und Wirkung hergestellt werden konnte. Das machte die Messung der Erfolgskriterien einfach und transparent. Indirekt wirkende Zusammenhänge – auch wenn sie einen großen Einfluss auf das Ergebnis haben können – blieben bewusst unberücksichtigt. Die Auswirkungen einer Entscheidung auf andere Teile des Unternehmens, ein anderes Team oder eine bestimmte Kundengruppe wurden nicht betrachtet.

Im Marktumfeld von heute entwickelt sich diese frühere Stärke zur Schwäche, denn die Vernetzung von Mitarbeitern, Teams und ganzen Unternehmen ist durch eindimensionale Ursache-Wirkungs-Ketten weder zutreffend zu beschreiben noch zu messen und erst recht nicht zu steuern.

Das macht das Feedback meiner Coaching-Gruppen – häufig Gruppen von Top-Entscheidern eines Unternehmens – verständlich, ein Performance-Management-Konzept sei aus ihrer Sicht auf Basis der SMART-Methode zu zeitraubend, umständlich und zu unflexibel in der Anpassung.

Prozesse regeln auch nicht alles.
Die Kritik an den ergebnisorientierten Methoden wie der SMART-Methode ist nicht neu. Bereits in den 1980er Jahren haben die Verfechter des Total Quality Management (TQM) die Idee aufgenommen, durch eine eher prozessorientierte Herangehensweise die kontinuierliche Weiterentwicklung einer Organisation in den Mittelpunkt zu stellen, statt sich zu sehr auf einzelne Ergebnisse zu fokussieren. Gute Ergebnisse entstehen nicht durch Messung und Kontrolle von einzelnen Aspekten, sondern durch das Zusammenwirken verschiedener Faktoren in einer komplexen Welt.

Daher geht der TQM-Ansatz davon aus, dass Menschen, die wissen, was getan werden muss und genau das tun können, auch die erwarteten Ergebnisse erreichen werden. Qualität entsteht also dadurch, die Arbeitsabläufe so zu gestalten, dass Fehlerquellen minimiert werden. In der Gestaltung der Abläufe geht es darum, so genau wie nötig zu beschreiben, welche Aufgaben der Einzelne wahrnehmen muss und welche Standards einzuhalten sind, um die beabsichtigten Ziele des Prozesses zu erreichen.

Der TQM-Ansatz teilt damit die Hauptziele des Unternehmens auf den unterschiedlichen Prozessebenen in ihre einzelnen Bestandteile auf. Diese werden in den jeweiligen Teilprozessen optimiert und unterstützen so die Erreichung der Oberziele. Damit alle Prozesse vernünftig zusammenwirken, ist es allerdings notwendig, eine Prozess-Bürokratie zu etablieren, die für die strenge Einhaltung der Standards sorgt.

Die Stärke des prozessorientierten TQM-Ansatzes liegt darin, jede Fehlleistung als Möglichkeit zur Verbesserung zu verstehen. Die Förderung des individuellen Lernens und der Aufbau einer lernenden Organisation durch ein innerbetriebliches Wissensmanagement sind daher wesentliche Bestandteile der TQM-Methodik.

Häufig wird kritisiert, dass in der Konzentration auf die Optimierung der Prozesse die tatsächlichen Messergebnisse auf die leichte Schulter genommen werden, weil sie als Momentaufnahmen im Rahmen der kontinuierlichen Verbesserung zwar Hinweise liefern, aber darüber hinaus keine große Aussagekraft besitzen. Wichtige Warnsignale können so unterschätzt oder übersehen werden.

Insbesondere in einem sehr dynamischen Unternehmensumfeld gibt es viele Situationen, in denen die Leistung des Einzelnen im Rahmen eines Prozesses durch Faktoren eingeschränkt werden, auf die er keinen direkten Einfluss hat. Übergibt beispielsweise die Nachbarabteilung bestimmte Vorarbeiten nicht rechtzeitig, wirkt sich dies unmittelbar auf die Leistung aller nachgelagerten Prozess-Schritte aus, ist aber als Ursache der Schlechtleistung aus den Kennzahlen nicht immer erkennbar.

Einige Studien haben auch herausgefunden, dass eine zu starke Konzentration auf die korrekte Einhaltung von Prozessbeschreibungen und Qualitätshandbüchern dazu führen kann, dass Mitarbeiter den übergeordneten Zusammenhang ihrer Tätigkeit im Unternehmen vollständig aus den Augen verlieren und die Innovationskraft eingeschränkt wird.

Entscheidungen, die im direkten Zusammenhang mit einer eng abgegrenzten Aufgabe sinnvoll erscheinen, können sich dadurch sogar als schädlich erweisen, wenn sie aus einer übergeordneten Perspektive betrachtet werden. Insbesondere bei ethischen Fragestellungen wird dies deutlich, wenn für Entscheidungen angebliche „Sachzwänge“ als Argumentationshilfe herangezogen werden. Unrühmliches Beispiel dafür sind TQM-Verfahren in der Kranken- und Altenpflege, bei denen die Einhaltung von Zeitvorgaben wichtiger scheinen als das Wohl des Patienten und seine Bedürfnisse.

<

p dir=“ltr“>Gibt es eine bessere Lösung?
Wie wir gesehen haben, bietet weder die Konzentration auf die angestrebten Ergebnisse der SMART-Methode noch die starke Betonung der Prozesse der TQM Methode die Unterstützung, die wir für eine Steuerung mit Hilfe von Zielen in dynamischen Zeiten benötigen.

Beide Methoden bleiben auch – aus unterschiedlichen Gründen – hinter den Ansprüchen der Mitarbeiter nach fairen, erreichbaren und nachvollziehbaren Zielvorgaben zurück.

Im 2.Teil dieses Artikels beschäftigen wir uns deshalb mit der Frage, wie ein Zielvereinbarungsprozess aussehen kann, der diesen Wünschen Rechnung trägt und so flexibel ausgelegt ist, dass er der hohen Veränderungsdynamik in stürmischen Zeiten standhalten kann.